Das Parteienverbot – Eine Erscheinung der Neuzeit?

In den letzten Monaten wurde in Bezug auf rechtsextreme Äußerungen von AfD-Mitgliedern immer wieder über ein Parteienverbot diskutiert. Doch wo hat es seinen Ursprung?

Es wird in Diskussionen immer wieder aufgezeigt, dass das Parteienverbot ein Zeichen der neuen, wehrhaften Demokratie sei. Doch ist es eine neue Erscheinung? Dem kann man getrost entgegnen: „Nein!“ Die ersten Ansätze gehen bereits auf das Jahr 1878 zurück, in dem Otto von Bismarck das sogenannte Sozialistengesetz verabschiedete. Dabei handelte es sich um ein Gesetz, welches Versammlungen und insbesondere Parteien mit sozialistischem Hintergrund verbot. Das Gesetz wurde zwar aufgehoben und die Parteien formierten sich erneut, jedoch wird es auch von Deutschlandfunk Kultur als erster Ansatz eines Parteienverbots gesehen. Das „Sozialistengesetz“ hatte zwar keine Beständigkeit und führte am Ende zu Bismarcks Abdanken, jedoch zeigte es zum ersten Mal eine realistische Umsetzungsweise eines Parteienverbots.

Dieser Gedanke blieb erhalten. In der Weimarer Republik wurde er dann zu einer tatsächlichen Wirklichkeit. Parteien konnten rechtskräftig verboten werden, jedoch behielten die gewählten Kandidaten der Parteien ihren Platz im Parlament, als gewählte Vertreter des Volkes. Was keiner der damaligen Gesetzeshüter ahnen sollte war, dass das Parteienverbot noch eine prominente Stellung einnehmen würde. Nach dem Hitlerputsch 1923 wurde die NSDAP verboten, jedoch gab es eine Schwachstelle: Die Parteienverbote hatten bundesweit keine Gültigkeit. So gelang es der NSDAP, das Parteienverbot auf geschickten Wegen zu umgehen. Mit der Auflösung der Gewaltenteilung gelang es der NSDAP später, alle Parteien zu verbieten – außer sich selbst.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Angst vor einer erneuten Machtübernahme konkret benannt und bearbeitet, indem ein bundesweit gültiges Parteienverbot eingeführt wurde. Somit erhielten wir das heute gültige Gesetz zum Parteienverbot. Doch wie sieht es aus?

Nach Artikel 21 Absatz 2 des Grundgesetzes Parteien für verfassungswidrig erklärt, wenn sie “[…] darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden”. Dazu reicht es nicht, dass sich lediglich die Meinung gegen die Verfassung richtet. Sie muss „vielmehr planvoll das Funktionieren der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beseitigen wollen“, so das Bundesministerium des Innern und für Heimat. Sollte dies festgestellt werden, kann ein Verbotsverfahren vom Bundestag, dem Bundesrat oder der Bundesregierung beantragt werden. Dieses wird anschließend vom Bundesverfassungsgericht geprüft, sodass nach Feststellung der Richtigkeit des Antrages die Partei verboten wird. Bei einem Parteiverbot verlieren die Abgeordneten der Partei ihre Sitze, welche danach unbesetzt bleiben.

Schlussendlich lässt sich nach dem Festgestellten sagen, dass das Parteienverbot sowohl zum Schutz, als auch zum Sturz der Demokratie verwendet wurde. Aber gleichzeitig können wir darlegen: Das Parteienverbot ist keine Erscheinung der Neuzeit.

Sportutensilien Verleih am Gymnasium Horn

Endlich haben wir es geschafft, ein Herzensprojekt der Schülervertretung des Gymnasiums Horn konnte Anfang April starten. Gemeint ist der Sportgeräte-Verleih. Bereits in der Findungsphase der diesjährigen Schülervertretung noch vor den vergangenen Herbstferien war klar, die sportlichen Angebote seitens der Schule reichen bei Weitem nicht aus. Ändern sollte dies die Einrichtung eines Angebots, das es Schülern ermöglicht, Sportutensilien im Rahmen der Schule auszuleihen, sie somit also nicht zwingend besitzen zu müssen. Denn gerade die Schule ist ein Ort, der dazu prädestiniert ist, Menschen zum gemeinsamen Sporttreiben anzuregen.

Zunächst wurde eine Umfrage durchgeführt, die offenlegte: Das Interesse der Schüler für ein derartiges Angebot war groß, die Spanne der Vorstellungen des Angebotes eines möglichen Verleihs jedoch ebenfalls. „Bedauerlicherweise können wir zunächst noch nicht alle Wünsche erfüllen, sondern haben uns auf diejenigen konzentriert, die in unseren Augen am leichtesten

umzusetzen sind. Wir denken aber, dass wir ein gutes Angebot schaffen konnten. Und vielleicht wird es ja mehr, wenn das Angebot gut angenommen wird“, so kommentierte Schülervertreter und Initiator Erik Wolters die endgültige Bestellungslage. „Wir freuen uns sehr, mit dem Shop Horn zusammenarbeiten zu können, der für uns freundlicherweise den Verleih übernimmt. Es war uns schon früh bewusst, dass wir eine Möglichkeit brauchen, die Utensilien jeden Tag leihen zu können und der SV-Raum schien hierfür eher ungeeignet“, ergänzt Jannik Kartscher, ebenfalls Schülersprecher und Initiator.

Doch bis zur Umsetzung des Projekts bedurfte es noch einiger Arbeit. Erst wurde die Zustimmung der Schulkonferenz eingeholt, ein Antrag vor dieser kam jedoch nicht einmal bis zur Abstimmung. Ferner stellte sich die Frage, ob das Budget der Schule tatsächlich in dieser Angelegenheit die optimale Lösung darstellte. Der Schulverein brachte schließlich die Wende. Nachdem hier ein Antrag glückte, standen die Gelder für eine Bestellung von ausreichend Utensilien zur Verfügung, die durch einige ausgewählte Bälle aus der Turnhalle ergänzt werden konnten, welche freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurden.

Nachdem auch die Zusammenarbeit mit dem ShopHorn geklärt war, auch dank der großen Kooperationsbereitschaft Frau Frädrichs, und die Formalien geregelt wurden, ist das Projekt nun bereits seit einigen Wochen am Laufen.

Seit dem 22. April bietet der Shop Horn nun in jeder ersten Pause die Möglichkeit, Sportutensilien zu leihen, die von der SV bereitgestellt werden. Benötigt wird nur ein Ausweisdokument zur Bestätigung der Identität des Leihenden. Alle weiteren Regelungen sind in der Geschäftsordnung zu finden, welche auf itslearning einsehbar ist.

Das Angebot ist dabei recht vielseitig aufgestellt. Neben Fußbällen und Basketbällen stehen auch ein Volleyball, zwei Federball-Sets und Tischtennisschläger zur Verfügung. Ferner konnte ein Spikeball-Set angeschafft werden. Gerade letzteres dürfte in den Pausen selbst zwar schwierig einzubinden sein, jedoch ist der Verleih nicht auf die Pausenzeit begrenzt. Zwar können Utensilien nur während der Betriebszeiten des ShopHorns ausgeliehen oder zurückgebracht werden, eine Nutzung über den Nachmittag ist aber durchaus erwünscht und keineswegs ausgeschlossen. Wichtig für das langfristige Gelingen des Projektes ist nun lediglich die Nutzung seitens der Schülerschaft. Also nutzt das (hoffentlich) gute Wetter und leiht euch etwas aus! „Wir hoffen, dass das Angebot gut angenommen wird und freuen uns, dazu beitragen zu können, dass unsere Schule ein wenig interessanter wird”.

Demokratiegefährdung durch soziale Medien

Seit der Einführung der Demokratie versucht sich das System zu schützen und diverse Krisen zu überwinden. Neue Arten der Verbreitung von verschiedenen Medien stellen teils große Herausforderungen für das System dar, besonders Social Media. Welche Gefahr bergen die sozialen Medien also für unsere Demokratie?

 

Der Unterschied zwischen Echokammern und Videos, die Millionen Nutzer erreichen.

Das Problem der Verbreitung von Meinungsbildnern durch soziale Medien liegt im Algorithmus der Plattformen. Der Algorithmus ist eine Software, die bestimmt, welche Beiträge der Nutzer vorgeschlagen bekommt. So werden dem Nutzer hauptsächlich die Inhalte angezeigt, die ähnlich sind zu denen sind, die ihn zuletzt interessiert haben, die seine Freunde interessierten oder jene, die generell viel Aufmerksamkeit bekommen haben.

In diesem System entstehen Echokammern. Eine Echokammer ist, wenn Individuen nur noch Medien ihrer eigenen Meinung oder politischen Position sehen und somit dieses Meinungsbild weiter verstärkt wird. Betroffene fangen an, die eigene Meinung nicht mehr als kontrovers zu betrachten, da sie so viele gleiche Inhalte sehen. Das führt schnell zu dem Trugschluss, dass die eigene Meinung gesellschaftlicher Konsens sei und von vielen anderen Personen geteilt wird. Dabei entsteht dieses einseitige Bild gezielt durch den Algorithmus der Plattformen.

Ein weiteres Problem besteht in der Aufmerksamkeit, welche kontroverse Meinungen häufig erzeugen. Wenn beispielsweise ein Extremist ein polarisierendes Video postet und dies dann einen Nutzer interessiert oder verwundert, schaut dieser sich eventuell das ganze Video an und leitet es vielleicht sogar weiter, um Freunden von der Absurdität dieses Videos zu berichten. Doch beide Handlungen versteht der Algorithmus als Grund, dieses Video anderen Personen vorzuschlagen. So können extremistische Videos in den sozialen Medien schnell viral gehen und eine riesige Reichweite erzeugen.

Warum stellen soziale Medien überhaupt eine Gefährdung für die Demokratie dar?

Das Problem bei einer neuen Art der medialen Verbreitung ist, für die Demokratie ein Gleichgewicht aus einer Vielfalt von Meinungen und unterschiedlichen Inhalten zu bewahren.

Echokammern machen dies sehr schwierig und führen zu Gruppen, die immer extremer werden. So folgt aus millionenfach geklickten Videos von Extremisten insgesamt eine Radikalisierung der Gesellschaft. Genau diese Radikalisierung der Meinungsbilder stellt eine Gefahr für die Demokratie dar.

Thomas Röwekamp, wie wird man Bundestagsabgeordneter?

Drei Schülerzeitungsredakteur/innen konnten Thomas Röwekamp einige Fragen stellen. Er ist Abgeordneter der CDU und für Bremen im Bundestag und ist im Verteidigungsund Untersuchungsausschuss Afghanistan tätig und Berichterstatter für alle maritimen Themen.

 

Schülerzeitung: Stellen Sie sich bitte einmal vor.

Thomas Röwekamp: Mein Name ist Thomas Röwekamp, ich bin 57 Jahre alt, verheiratet, drei erwachsene Kinder, die alle noch in der Ausbildung sind, wohne in Bremen und bin für die Bremer CDU der einzige Bundestagsabgeordnete. Ich bin Mitglied im Verteidigungsausschuss, Berichterstatter für alle maritimen Themen, aber auch im Untersuchungsausschuss Afghanistan. In meinem zivilen Leben bin ich Rechtsanwalt.

Warum sind Sie Politiker geworden?

Das ist schon lange her, aber ich erinnere mich noch genau: Ich habe mich über meine Arbeit in der Schülervertretung für Politik interessiert. Damals gab es eine Menge schulpolitische Themen, insbesondere Schulschließungen in Bremerhaven waren damals ein Thema. Dann gab es eine Reform der gymnasialen Oberstufe, es gab die sogenannte Orientierungsstufe und es gab unterausgestattete Bildungsinfrastrukturen. So bin ich über die Bildungspolitik in die Politik gekommen. Über die Arbeit in der Schülervertretung wollte ich dann einer Partei beitreten und mich orientieren. Ich habe mich umgehört, welche Partei am ehesten in Frage kommt und so bin ich zur CDU gekommen.

Was machen Sie als Bundestagsabgeordneter?

Es gibt eigentlich drei Tätigkeiten. Die eine ist, dass ich Vertreter der beiden Wahlkreise Bremens im deutschen Bundestag bin.

Das zweite Thema ist, dass ich Politik auch so verstehe, dass man eine fachliche Zuständigkeit hat. Bei mir ist es der Verteidigungsausschuss und im Verteidigungsausschuss sind es eben bestimmte Themen. Ich bin Berichterstatter für alles, was die Marine betrifft, ich kümmere mich da allerdings auch um regionale Themen, ich bin zum Beispiel Berichterstatter für den Nahen Osten und deswegen gerade sehr viel mit dem Thema Angriff der Hamas auf Israel beschäftigt. Es gibt bestimmte Themen, wo ich sage, da bin ich Bundestagsabgeordneter, da bin ich nicht nur für meinen Wahlkreis verantwortlich und verpflichtet, sondern habe eine nationale Aufgabe. Und ich verstehe mich auch als Mittler, also alles, was hier in Berlin passiert, worüber die Menschen reden, das auch nach Bremen zu transportieren und an Veranstaltungen teilzunehmen, meine politischen Überzeugungen zu vertreten, dafür zu werben aber auch andere Politikfelder zu erklären und umgekehrt natürlich die Anliegen, die an mich herangetragen werden, entsprechend hier in Berlin weiterzutragen und mich darum zu kümmern.

Wie wird man Bundestagsabgeordneter?

Formal gibt es einen Weg. Es steht jedem volljährigen Deutschen frei, sich für den deutschen Bundestag zu bewerben. In der Regel geht das über politische Parteien. Wir in Deutschland haben uns mit dem Grundgesetz bewusst für eine sogenannte Parteiendemokratie entschieden. Das heißt, die Parteien wirken an der Willensbildung in politischen Fragen mit und sind ein Teil unserer Institution. Deswegen ist der erste Schritt, wenn man sich politisch engagieren will, dass man eine Partei findet. Dann kann man sich in der Partei engagieren und sich um Mandate bewerben. Aber am Ende stellen immer Parteien Kandidatenlisten auf, sowohl für den direkten Wahlkreis als auch für die Liste der jeweiligen Partei für Wahlen und darum kann man sich bewerben. Wenn man parteiintern ausgewählt ist, bemüht man sich eben, im Wahlkampf, im Wettbewerb mit den Vertretern der anderen Parteien, um das Mandat und wenn das dann erfolgreich ist, wird man Abgeordneter.

Was verdient ein Bundestagsabgeordneter und wie unterscheiden sie sich zwischen verschiedenen Abgeordneten bzw. wie wird das festgelegt?

Die Entschädigung für Bundestagsabgeordnete orientiert sich an der Entschädigung für Richterinnen und Richter an obersten Gerichten. Das ist eine bewusste Entscheidung gewesen, dass man gesagt hat, das sind ja unterschiedliche Gewalten und das soll sich irgendwie im Kräfteverhältnis widerspiegeln und deswegen ist die Vergütung ähnlich geregelt. Zurzeit verdient ein Bundestagsabgeordneter Brutto ungefähr 10.600 Euro im Monat. Und danach bekommt man noch eine gewisse Infrastruktur bezahlt, also Geld für Mitarbeiter, Büroausstattung und einen Mehraufwand, weil man einen zweiten Wohnsitz in Berlin hat.

Wie oft sind sie in Berlin?

Im Prinzip jede zweite Woche. Wir haben immer Sitzungswochen und sitzungsfreie Wochen. Das soll ermöglichen, dass in unserem System, wo Abgeordnete einerseits die Aufgabe haben, sich hier in Berlin in den Gremien, im Bundestag, in den Ausschüssen um die inhaltliche Arbeit zu kümmern. Es soll aber auch die Bindung der Abgeordneten aus der Gegend, aus der sie kommen, stärken und deswegen gibt es immer eine Sitzungswoche in Berlin, in der alle Sitzungen sind, das Plenum und parallel die Ausschüsse tagen und es gibt die Arbeitsgruppensitzungen. So eine Woche wechselt sich dann mit einer Woche ab, die man frei hat und im Wahlkreis unterwegs ist. In meinem Fall eben Bremen, man hat da Termine und kümmert sich um seine Aufgaben.

Die Interviewer zusammen mit Herrn Röwekamp vor der Kuppel des Bundestages.

Wie kommen Sie von Berlin nach Bremen?

Ich fahre beide Strecken nur mit dem Zug. Ich bin insgesamt glaube ich dreimal mit dem Auto gefahren, aber nur, weil wir die Möbel und so hin und her transportieren mussten, als wir in Berlin eine Wohnung gesucht haben.

Sie waren Senator für Inneres und Sport in der Landesregierung von Bremen. Welche Erfahrungen haben Sie dort gemacht und wie hat das sich auf Ihre politische Laufbahn ausgewirkt?

Das ist die dritte Säule, die Exekutive, also die Seite der Verwaltung. Das ist schon eine wichtige Erfahrung für mich gewesen, weil man auf der einen Seite natürlich das kennt, was man kontrolliert. Abgeordnete haben auch den Auftrag, das, was die Regierung macht, zu kontrollieren, dazu Verbesserungsvorschläge zu machen, sich dazu eine Meinung zu bilden und der Regierung Aufträge zu geben, worum sie sich kümmern soll. Wenn man dann einmal auf der anderen Seite gewesen ist und sozusagen weiß, was da für Aufträge kommen und wie die verarbeitet werden, das macht das Wissen breiter. Das zweite ist, dass das natürlich eine bestimmte Führungserfahrung ist. Wenn man einmal Senator gewesen ist, hat man auch personelle Verantwortung gehabt für einige tausend öffentlich Beschäftigte, also all diese Themen, mit denen sich eben ein Regierungsmitglied beschäftigen muss. Und das ist ein breiter Erfahrungsschatz, man weiß, wie Behörden funktionieren, kennt bestimmte Sachverhalte und die Quellen. Es hat sich auf jeden Fall für mich gelohnt, das waren vier wertvolle Jahre.

Sie waren auch stellvertretender Bürgermeister in Bremen. Wie ist die Arbeit in der Bremischen Bürgerschaft und wie unterscheidet sie sich genau von ihrer jetzigen Arbeit?

Die Arbeit im Landtag ist von der Grundstruktur der Aufgaben die gleiche. Man muss allerdings sagen, dass die Themen andere sind. Im Landesparlament, in der Landesregierung geht es im Wesentlichen um lokale Themen, das Land ist nach dem Grundgesetz ja für bestimmte Bereiche zuständig, beispielsweise für Bildung, für innere Sicherheit, also Polizei und Verfassungsschutz und auch für soziale Daseinsfürsorge. Allerdings haben wir in Bremen 84 Landtagsabgeordnete, in Berlin sind wir 736. Das ist natürlich auch eine andere Dimension, man arbeitet hier auch anders. Alle Gremien sind größer, jeder Ausschuss ist größer, die Fraktionen sind größer, das Plenum ist größer, das ist eine andere Arbeitsatmosphäre. Was mich am meisten überrascht hat ist, dass es hier in Berlin eine völlig andere Diskussionskultur gibt. Also in Bremen kenne ich das so, dass man im Parlament mit Rede und Widerrede um die besten Argumente streitet und auch ein bisschen versucht, den anderen zu überzeugen. Hier ist alles sehr formalisiert, in der Regel darf man drei Minuten reden, was natürlich oft eine sehr große Herausforderung ist.

Sie haben schon in vielen Projekten mitgearbeitet, auf welches sind Sie besonders stolz?

Ehrlich gesagt bin ich am meisten stolz auf den sogenannten Bremer Bildungskonsens. Ich habe ja vorhin über die Zeit erzählt, wo ich angefangen habe, mich politisch zu engagieren, da war Bildungspolitik stark ideologisiert. Da gab es eben diejenigen, die waren uneingeschränkt nur für die Gesamtschule und wollten alle Gymnasien abschaffen, möglichst lange gemeinsames Lernen. Und dann gab es welche wie wir, die gesagt haben, wir sind eigentlich im Prinzip für ein gegliedertes Schulsystem. Dann gab es immer unterschiedliche Regierungen und jede hat sich immer probiert und am Ende hatten wir in Bremen glaube ich vierzig unterschiedliche Schulformen. Und ich habe damals den Bremer Bildungskonsens initiiert, weil ich gesagt habe, ich möchte nicht länger über Strukturfragen streiten, sondern ich möchte gemeinsam dafür sorgen, dass wir einmal eine Struktur überparteilich verabreden und so dann eine bessere Schule organisieren. Und den haben andere Bundesländer teilweise nachgemacht und ich würde sagen, das ist etwas, wo ich besonders stolz drauf bin, weil es ihn heute noch gibt und wovon ich noch heute überzeugt bin, dass es gut ist, Bildungspolitik nicht mit ideologischen Scheuklappen zu machen, sondern das gemeinsam zu machen und darüber zu streiten, wie man eigentlich in der Struktur bessere Schule machen kann.

Was ist Ihrer Meinung nach momentan die größte Herausforderung in der Politik?

Also da würde ich jetzt mittlerweile zwei Dinge sagen.

Früher hätte ich immer gesagt: Bildung, Bildung, Bildung. Ich werbe sehr dafür, dass wir in Deutschland von diesem Bildungsföderalismus wegkommen, wo wir 16 unterschiedliche Systeme, 16 unterschiedliche Ausstattungen und leider am Ende eben auch 16 unterschiedliche Bildungserfolge in den Bundesländern haben. Ich glaube nicht, dass Kinder schlauer sind, weil sie aus einem bestimmten Bundesland oder gut situierten bildungsaffinen Familien kommen, sondern, dass alle Kinder unterschiedliche Begabungen und Fähigkeiten haben. Der Auftrag eines staatlichen Bildungssystems ist eigentlich, diese Talente zu erkennen und optimal zu fördern und sich bestmöglich um das Vertrauen der Schülerinnen und Schüler zu kümmern. Hinzu kommt, dass das Wissen in euren Köpfen die wichtigste Ressource ist, die wir in Deutschland haben, und wovon unsere ganze Leistungsfähigkeit abhängt. Deswegen finde ich das einfach verschwendete Energie, wenn wir das in 16 verschiedene Systeme zergliedern.

Das zweite ist, wir kommen aus einer langen Phase des Wohlstandes, des Friedens, der Demokratie und der Stabilität, in der ihr euch wahrscheinlich auch völlig frei einen Arbeitsplatz suchen könnt. Aus der kommen wir aber jetzt raus, weil wir merken, dass mit dem Krieg Russlands in der Ukraine, mit dem Konflikt im Nahen Osten, mit der Abhängigkeit von Lieferketten beim Gas, dass wir auch einen hohen Preis dafür bezahlt haben, dass wir immer in diesem Wohlstand gelebt haben und das wird nicht auf Dauer so weitergehen.

Deswegen glaube ich, ist die große Herausforderung an politische Entscheidungsträger, dass wir wieder Projekte priorisieren und sagen müssen, was uns das wichtigste ist und können nicht immer allen alles versprechen, sondern müssen ganz klar sagen, im Moment müssen wir in ein bestimmtes Projekt investieren, wie zum Beispiel Klimaschutz und dafür kommen andere leider zu kurz. Und man muss den Mut haben, Menschen zu sagen, was nicht geht.

Möchten Sie in Zukunft Bundestagsabgeordneter bleiben oder würden Sie zum Beispiel auch Minister oder Bundeskanzler werden wollen?

Ich bin mit Leib und Seele Abgeordneter. Ich war ja vier Jahre Senator, das war auch eine spannende Zeit. Aber ich liebe die Debatte und den Streit um die bessere Idee und den Parlamentarismus und das freie Wort, dass man für seine Überzeugung werben kann. Also ich bin, glaube ich, von meiner Veranlagung her geborener Parlamentarier.

Sie sind stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Klimaschutz und Energien. Denken Sie, dass Deutschland genug für den Klimaschutz tut?

Im Saldo ja, aber ich finde, dass es noch zu kompliziert ist. Das große Beispiel ist dieses Heizungsgesetz gewesen. Das will ich gerne zugestehen, dass aus einer gut verstandenen Motivlage heraus entstanden ist, dass man über die Wärmeerzeugung in privaten Haushalten reden muss, wenn man klimaneutral werden möchte und da gibt es effektivere Methoden, das zu tun. Das finde ich richtig, aber darauf ist ein so großes bürokratisches Monster gelegt worden, dass wir das Ziel am Ende aus den Augen verloren haben und die Leute waren nicht davon überzeugt.

Ich habe den Eindruck, dass die Menschen im Moment denken, man kann die Klimaziele erreichen, ohne dass sich für ihr individuelles Leben etwas ändert und das wird so nicht möglich sein. Wir können das schaffen, die Klimaneutralität, zumindest in Deutschland, zu erzeugen. Damit ist das Klima natürlich noch nicht gerettet, weil wir um uns herum Länder haben, die nicht so ehrgeizige Klimaschutzziele haben, aber ich glaube, in Deutschland können wir das schaffen, wenn die Leute davon überzeugt sind.

Und auch zu dem Thema, was halten Sie von Deutschlands Atomaustritt?

Ich bin davon überzeugt, dass es richtig war, damals nach Fukushima die deutschen Kernkraftwerke abzuschalten. Allerdings muss man mit dem Wissen von heute sagen, dass wir uns da eigentlich überfordert haben, weil wir aus der Kernenergie ausgestiegen sind und danach darüber geredet haben, dass wir auch aus der Kohle aussteigen müssen. Damit sind wir die einzige Volkswirtschaft weltweit, die auf zwei Energiequellen verzichtet hat. Aber das konnten wir nicht kompensieren, denn so schnell sind regenerative Energien nicht mitgewachsen. Deswegen würde ich sagen, mit dem Wissen von heute war es wahrscheinlich falsch herum. Wir hätten uns erst von der wesentlich umweltschädlicheren Kohle verabschieden müssen, um uns danach um den Atomausstieg zu kümmern.

Wenn es in Zukunft aber irgendwann eine wissenschaftliche Entwicklung gibt, die die Nutzung von Kernspaltung möglich macht ohne die Risiken, also insbesondere ohne das Endlagerproblem, bin ich dafür, dass wir sie auch nutzen.

Wenn sie jetzt alleine regieren könnten, was würden sie dann in der Politik verändern?

Ich würde auf jeden Fall mein Herzensprojekt angehen und sagen, wir müssen zu einer nationalen Anstrengung im Bereich Bildung kommen. Es muss sowas wie eine deutsche Bildungsoffensive geben, wo wir das machen, was wir eben besprochen haben

Das zweite ist, dass wir in der Europäischen Union mehr Gemeinsamkeit erzeugen in den zentralen Themen. Die Migration ist zum Beispiel in Deutschland eine große Herausforderung, wäre aber für alle europäischen Mitgliedsstaaten kein Problem.

Deswegen wäre mein zweites großes Projekt, wenn wir die absolute Mehrheit hätten, dafür zu sorgen, dass es mehr Gemeinsamkeit in Europa gibt.

Welche Stadt mögen sie lieber, Berlin oder Bremen?

Allein weil ich Fußballfan bin, mag ich Bremen lieber.

Ich muss schon sagen, Berlin hat auch etwas. Es ist natürlich wesentlich größer, es bietet viel mehr Kultur und Veranstaltungen und es ist schon eine tolle Stadt. Aber Bremen ist meine Heimat und dort fühle ich mich auch wohler. Ich bin auch mehr in Bremen als in Berlin. Also die Wochenenden in der Regel immer und die Sitzungsfreien Wochen auch.

Vielen Dank für Ihre Zeit.

Frau Lührs, was macht man eigentlich als stellvertretende Schulleiterin?

Seit letztem Jahr Oktober ist Tatjana Lührs stellvertretende Schulleiterin vom Gymnasium Horn. Doch welche Aufgaben hat man eigentlich als stellvertretende Schulleiterin? Und welche Qualifika-tionen und Kompetenzen muss man mitbringen?

 

Sie haben hier in Ihrem Büro einen Harry Styles Pappaufsteller stehen. Was hat es damit auf sich?

Ich liebe Harry Styles. Ich mag seine Musik und das, wofür er steht: “Treat people with kindness”. Es ist also egal, wer und wie man ist, man soll einfach gut zu seinen Mitmenschen sein.

Wie sieht Ihr Leben außerhalb der Schule aus?

Im Moment ist das reduziert, weil ich gerade sehr viel arbeite. Aber ich habe eine Familie, nämlich einen Mann und eine Tochter. Die beiden möchten natürlich auch Zeit mit mir verbringen. Wir reisen viel und gerne und dann treffe ich mich natürlich mit Freunden. Zusätzlich ist Theater eine Sache, die ich gerne mache.

Trotz der vielen Arbeit verbringen Sie noch genug Zeit mit Ihrer Familie?

Ja, aber manchmal fragen die schon nach, wo ich denn bleibe. Dann bekomme ich WhatsApp-Nachrichten, ob ich noch zum Abendbrot nach Hause komme. Aber wir versuchen immer, uns diese gemeinsamen Zeiten zu nehmen. Abendbrot ist tatsächlich ein bisschen heilig bei uns, weil wir uns da gegenseitig austauschen.

Wie war Ihr Verhältnis zur Schule, als Sie noch Schülerin waren?

Bis zur Oberstufe noch vollkommen in Ordnung. Ich bin einfach so mitgegangen, das war nie ein Problem. Auch in der elften war noch alles okay, aber in der zwölften Klasse musste ich ein paar Erfahrungen machen, die damit zu tun hatten, dass ich ehrlich gesagt nicht so fleißig war, wie ich hätte sein sollen. Ich konnte das glücklicherweise noch umdrehen. Ich habe aber Verständnis für Schüler:innen, die auch andere Sachen als Schule im Kopf haben.

Wie war dann ihr Abiturschnitt?

lacht. Das ist sehr unangenehm. Der war leider tatsächlich nicht so gut. Der lag im knappen 3er-Bereich. Wie gesagt, ich konnte das Ruder noch herumreißen. Wenn ich mehr dafür getan hätte, wäre es auch deutlich besser geworden. Ich habe eben in der Mittelstufe nie etwas tun müssen und hatte immer gute Noten, teilweise sehr gute Noten, aber das ist mir leider in der Oberstufe nicht mehr gelungen.

Wie ging es nach der Schule weiter? Was wollten Sie aus Ihrem Leben machen?

Ich war erstmal von dieser ganzen Schulgeschichte ein wenig bedient. Ein Studium konnte ich mir in dem Moment gar nicht vorstellen. Ich habe dann schon schnell mit einer Ausbildung zur Buchhändlerin angefangen. Das war alles sehr klassisch. Das ist eine kaufmännische Ausbildung mit sehr viel Literaturwissen. Dann habe ich tatsächlich in diesem Gebäude, vom heutigen Gymnasium Horn, meine Berufsschule absolviert. Nach der Ausbildung war ich weiterhin auf der Suche nach einem Beruf.

Haben Sie zuvor irgendwo anders gearbeitet?

Ja. Ich habe die Ausbildung zur Buchhändlerin in Oyten gemacht. Dann habe ich angefangen, in diesem Beruf zu arbeiten. Danach war ich für einige Monate in Australien. Nachdem ich dann nochmal in Verden als Buchhändlerin gearbeitet hatte, habe ich gemerkt, dass mir das nicht wirklich reicht. Dann habe ich mit 24 Jahren angefangen, Lehramt zu studieren und durch Praktika festgestellt, dass das der richtige Beruf ist. Mir war auch klar, dass ich von der fünften bis zur 13. Klasse unterrichten wollte. Mein Studium habe ich, im Gegensatz zu meinem Abitur, sehr gut abgeschlossen. Damals war es noch so, dass wir trotz des guten Abschlusses nicht unbedingt einen Referendariatsplatz bekommen haben. Das lag am Fach Religion, welches ich unterrichte. Es gab in dem Fach nur zwei Plätze, die jedes Jahr vergeben wurden. Es gab da Menschen, die vier oder fünf Jahre auf einen Referendariatsplatz gewartet haben. Ich musste anderthalb Jahre warten. In der Zeit habe ich etwas ganz anderes gemacht und angefangen, in der Werbung zu arbeiten. Als ich den Referendariatsplatz dann hatte, bin ich an eine Schule in Bremen-Nord gegangen.

Wie lange arbeiten Sie schon am Gymnasium Horn?

Seit 2002. Ich habe hier während des Referendariats ein Praktikum gemacht und eine Prüfung abgelegt. Dadurch habe ich auch diese Schule sowie Frau Kelm, unsere ehemalige Schulleiterin, kennengelernt. Als ich mit dem Referendariat fertig war, hat Frau Kelm mich aus Bremen-Nord weggeholt und hier an die Schule gebracht. Als ausgebildete Lehrerin habe ich 2003 fest hier angefangen.

Welche Fächer unterrichten Sie?

Deutsch als Zweitsprache. Das habe ich in erster Linie studiert. Dabei muss man ganz normal Germanistik studieren, also unterrichte ich auch in regulären Klassen Deutsch. Und außerdem Religion. Zusätzlich kann ich noch, weil ich während meines Studiums ein paar Semester Philosophie studiert habe, Philosophie in der Mittelstufe unterrichten.

Frau Lührs an ihrem Schreibtisch – © Philipp Olde Kalter

Nun sind Sie Stellvertretende Schulleiterin. Warum wollten Sie das machen?

Eigentlich wollte ich nie wirklich in die Schulleitung. Das hat sich einfach durch diese tolle Schule und die Arbeit hier ergeben, dass ich immer geguckt habe, was man noch verändern könnte. So bin ich vor sehr langer Zeit in eine Steuergruppe gerutscht. Weil ich Teil dieser Steuergruppe war, wurde ich, als das Prinzip der Jahrgangsleitung eingeführt wurde, angesprochen, ob ich mich nicht auf eine solche Stelle bewerben möchte. Das habe ich mit meiner Familie besprochen, mich anschließend beworben und bin es auch geworden.

Die Aufgabe habe ich dann eine ganze Zeit lang übernommen. Irgendwann fand dann wieder eine Umstrukturierung in der Schulleitung statt. Dann kam wieder eine ähnliche Situation wie vorher vor. Eigentlich machte mir alles Spaß und ich war zufrieden mit meinem Job. Aber dann wurde ich wieder angesprochen, ob ich nun stellvertretende Schulleiterin werden wollte. Dann habe ich mich beworben und bin jetzt stellvertretende Schulleiterin.

Was sind Ihre Aufgaben als stellvertretende Schulleiterin?

Die Schulleitung, also Frau Preuschoff und ich, haben sehr viele verschiedene Aufgaben. Ich bin im Moment mit Frau Preuschoff und den anderen Mitgliedern der Schulleitung dabei zu gucken, was da eine sinnvolle Arbeitsteilung ist. Wir teilen uns die Termine auf und machen gemeinsame Termine, in denen wir mit den Statusgruppen zusammenarbeiten.

Ich bin unter anderem für die Fortbildungen zuständig. Da kümmere ich mich um das Budget et cetera.

Im Moment bin ich auch noch als Jahrgangsleitung für den fünften Jahrgang zuständig, was aber mit meinem Job als stellvertretender Schulleiterin nichts zu tun hat.

Ich übernehme im Moment generell ganz viele Organisationsaufgaben und beantworte zum Beispiel rechtliche oder organisatorische Fragen von Kolleg:innen.

Und das waren alles Aufgaben, die Frau Preuschoff erst so ziemlich alleine bewältigen musste. Die hat sie jetzt teilweise an mich übertragen.

Sie sind auch didaktische Leitung. Was bedeutet das?

Als didaktische Leitung bin ich für den Unterricht und seine Qualität zuständig. Ich habe die Verantwortung dafür, dass bei uns der Unterricht gemäß der Bildungspläne stattfindet. Eine meiner ersten Amtsaufgaben war, dass ich den Fachkonferenzen noch mal den Auftrag gegeben habe, die schulinternen Curricula anzupassen. Da habe ich ein paar Vorgaben gegeben, die meines Erachtens wichtig zu erfüllen sind. Zum Beispiel, wie viele Klassenarbeiten geschrieben und in welchem Verhältnis schriftliche und mündliche Leistung gewertet werden.

Welchen Anspruch haben Sie als stellvertretende Schulleitung an sich selbst?

Mein Anspruch ist, für möglichst alle Statusgruppen und an der Schule beteiligten Personen da zu sein und zu unterstützen, aber auch für die Schule insgesamt zu arbeiten. Das ist manchmal nicht ganz einfach, weil man etwas für Schüler tun möchte,und  dann gibt man Kollegen wieder Aufgaben damit, die sie belasten. Mein Anspruch an mich ist es, dort Wege zu finden, dass alle hier an der Schule gut zurechtkommen.

Welche Qualifikationen und Kompetenzen bringen Sie mit, um Ihr neues Amt zu bewältigen und Ihren Ansprüchen gerecht zu werden?

Ich habe durch die Jahrgangsleitung schon Erfahrungen gemacht, sodass ich mich mit bestimmten Dingen schon auskenne. Eine weitere Kompetenz ist, dass mir Kommunikation sehr wichtig ist. Ich glaube, dass das eine Kompetenz ist, die mir hilft, mit allen immer möglichst gut ins Gespräch zu kommen und dass dort auch versuche, zielorientiert zu sein. Also nicht zu gucken, was nicht geht, sondern in schwierigen Situationen zu schauen, was wir tun können, um in einem oder zwei Monaten an einem anderen Punkt zu stehen.

Das neue Amt bringt mehr Arbeit mit sich. Bedeutet das auch mehr Stress für Sie?

Mehr Stress würde ich nicht sagen. Es ist anderer Stress, weil da ein anderer Druck seitens der Behörde ist, dass bestimmte Dinge nochmal mehr umgesetzt werden müssen.

Wie gehen Sie mit diesem neuen Stress um?

Glücklicherweise habe ich eine Familie, die mich da sehr unterstützt und auch Freundinnen und Freunde. Ich muss ganz ehrlich sagen, an dieser Schule und vor allem in der Schulleitung haben wir ein sehr offenes und vertrauensvolles Verhältnis. Wir reden viel miteinander und versuchen uns gegenseitig zu unterstützen. Das hilft so ungemein.

Was sind aktuell die größten und arbeitsintensivsten Herausforderungen an unserer Schule?

Ich bin im Präventionsteam, das ist für mich ein ganz großer Punkt. Auch das Thema Mobbing, das immer an Schulen stattfindet, ist etwas, das ich nochmal in Angriff nehmen möchte. Ich finde das sehr herausfordernd, weil man das immer wieder auch auf neue Arten thematisieren muss. Eine andere Herausforderung besonders in Bezug auf Unterricht ist künstliche Intelligenz. Das bekommt man außerhalb wahrscheinlich nicht so mit, aber hier im Büro arbeite ich daran herauszufinden, wie wir hier an der Schule damit gut umgehen können.

Sie haben bereits erzählt, dass das Amt in den privaten Alltag eingreift. Inwiefern verändert es den Berufsalltag?

Ich unterrichte weniger, musste gerade eine liebe fünfte Klasse abgeben, dabei unterrichte ich sehr gerne. Da schlagen zwei Herzen in meiner Brust, aber muss man sich dann entscheiden. Ich bin zwar hier öfter länger im Büro, aber ich muss nicht mehr jedes Wochenende Klausuren korrigieren. Ich kann mir das jetzt besser einteilen.

Wirkt sich Ihre neue Position auf das Verhältnis zu den anderen Kollegen aus?

Ich habe viele Freundinnen und Freude im Kollegium, bei denen ist es nicht so, weil es da keine Schwierigkeiten gibt. Das könnte eventuell anders sein, wenn ich mit jemandem ein Dienstgespräch führen müsste, der mit mir befreundet ist. Aber ich werde glaube ich jetzt nicht mehr so sehr als Kollegin gesehen, sondern von einigen schon als Schulleitungsmitglied. Das ist eine Perspektive, die ich gar nicht habe, denn aus meiner Sicht bin ich immer noch ganz normale Kollegin. Ich glaube, da muss ich mich eher gewöhnen.

Frau Lührs mit ihrem Harry Styles Pappaufsteller – © Philipp Olde Kalter

Was macht Ihnen besonders viel Spaß an den neuen Aufgaben?

Dieses Organisieren und was in die Hand nehmen, zum Beispiel den Umgang mit KI. Ich habe auch das Gefühl, jetzt mehr mit anderen Schulen in Kontakt zu kommen und dass ich dort schauen kann, was die machen. Und auch diese Schule an sich zu unterstützen und voranzubringen. Und die Zusammenarbeit mit allen, mit Eltern, Schülern und den Kollegen. Das macht mir am meisten Spaß.

Möchten Sie auf lange Sicht auch Schulleiterin werden und können Sie sich vorstellen, dafür an eine andere Schule zu gehen?

Im Moment kann ich mir das gar nicht vorstellen, aber was ich mit meiner Familie schon mal besprochen hatte, war die Idee, irgendwann ins Ausland zu gehen. Eventuell wäre da eine Möglichkeit, auch als Schulleiterin oder in einer Schulleitung tätig zu werden. Aber im Moment hat das noch gar keine Relevanz, weil ich einfach total gerne hier bin.

Wie wichtig ist es Ihnen, was Schüler, Lehrer und Eltern über ihre Arbeit denken?

Ganz wichtig ist mir, dass die Arbeit einerseits professionell wirkt. Dass die Menschen um mich herum den Eindruck haben, dass ich gut vorbereitet bin, dass ich weiß was ich tue. Es würde auch an mir nagen, wenn das nicht so wäre. Und ein anderer Punkt ist das Menschliche. Ich möchte gerne trotz aller Professionalität immer auch diese menschliche Seite nicht verlieren. Wenn jemand also mit einem Problem zu mir kommt, dass ich sage, dafür gibt es immer einen Raum zum Sprechen. Diese Tür steht nicht nur als Tür offen, sondern auch im Inneren.

Mit welchem Kollegen verstehen Sie sich besonders gut?

lacht. Ich verstehe mich wirklich mit ganz vielen Kollegen gut. Wenn ich mal die Schulleitung rausnehme, dann ist Frau Bünte so ein bisschen meine Herzenskollegin.

Vielen Dank für das Interview.

 

Frau Lührs hinter ihrem Schreibtisch – © Philipp Olde Kalter

EM 2024: Die Antwort auf Katar

Denken wir zwei Jahre zurück. Als die Fußball-Weltmeisterschaft in einem kleinen Land namens Katar stattfand, als es Public-Viewing auf Weihnachtsmärkten gab, als Deutschland in der Vorrunde ausschied und Menschenrechte mit Füßen getreten wurden. Dies alles soll bei der diesjährigen Europameisterschaft in Deutschland nicht passieren. Da ist ein guter Anfang, dass das Turnier im Sommer stattfindet. 

Der deutsche Fußballbund (DFB) hat mit der Europameisterschaft 2024 einiges vor. So zum Beispiel, dass diese die bisher nachhaltigste werden soll und dass man die europäische Verbundenheit stärken möchte. Das Turnier soll dabei nicht nur als schönes Sommerspektakel dienen, sondern neue Maßstäbe in Gebieten wie Nachhaltigkeit und Diversität bieten. Dabei soll die deutsche Europameisterschaft als globales Vorbild für andere große Turniere, wie auch die nächsten Weltmeisterschaften dienen.

Wenn man die Unterschiede zwischen der letzten Weltmeisterschaft und dieser Europameisterschaft nennen müsste, dann fällt als erstes auf, dass in Deutschland eine jahrhundertelange Fußballkultur mit großen Clubs und internationalem Ansehen besteht. Aus diesem Grund verfügt Deutschland schon über große Stadien, die in Katar erst von Gastarbeitern bei schlechtesten Arbeitsbedingungen gebaut werden mussten. Auch das politische Klima ist in Deutschland deutlich weltoffener. Um sich an den weltoffenen Zeitgeist anzupassen, soll beispielsweise das Essensangebot in den Stadien zusätzlich zu den bekannten Speisen, wie Bratwurst, um vegane oder vegetarische Alternativen erweitert werden. Generell sollen auch gesündere Angebote bestehen. Ein weiterer Gegensatz zur letzten Weltmeisterschaft ist, dass keine Bierverbot in Stadien besteht, was vor allem von Fanclubs kritisiert wurde. Ein Zigarettenverbot besteht, ähnlich wie in der Bundesliga, dennoch.

Ein weiterer Problempunkt an internationalen Turnieren in diesen Ausmaßen ist, dass die Nachhaltigkeit vernachlässigt wird. Während die Fifa dies bei der letzten Weltmeisterschaft damit abgetan hat, dass sie ja auch ein paar Bäume pflanzen. Bei dieser Europameisterschaft besteht ein ausführlicher Plan, wie man die Europameisterschaft direkt nachhaltiger gestalten kann. Eine Idee ist, dass Grauwasser auf Toiletten genutzt wird. Dies meint, dass Wasser mehrfach genutzt wird um Wasser zu sparen. Auch möchte man die Zeiten, in denen das Flutlicht an ist, reduzieren, um Strom zu sparen. Alle Produkte, die im Stadion angeboten werden, sollen auch verpackungsfrei sein, um weniger Müll zu produzieren und die Teams sollen zwischen den Spielen auf Verkehrsmittel wie Züge zurückgreifen, um Emissionen zu sparen. Auch bei der Anreise der Fans will man einen solchen Effekt erzielen, so werden Fußwege zu Stadien ausgebaut und die Anzahl der Fahrradstellplätze soll maximiert werden.

Ein weiterer Punkt in der Agenda für die „vorbildlichste EM“ ist die Diversität. An allen Spielorten sollen geschlechtsneutrale Toiletten bereitgestellt werden. Für den Fall der Übergriffigkeit und generell jede Art der Diskrimminierung sollen Meldestellen eingerichtet werden, damit alle sicher sind und sich auch sicher fühlen. Nachdem man zuletzt in Katar mitbekommen hat, wie man nicht vernunftgerecht auf das Einhalten von Menschenrechten achtet und wie man Menschen aufgrund von Geschlecht, Nationalität oder Sexualität ungleich behandelt, will man nun, dass gleiche Behandlung für Alle besteht, dass der Zugang zu den Spielen nicht von eben genannten Faktoren abhängt und, dass man auf die Einhaltung der Menschenrechte achtet. In diesem Sinne ist die Europameisterschaft die direkte Reaktion auf Katar.

Die Reaktionen darauf sind gemischt. Zum einen gibt es Leute, die meinen, dass man sich auf den Fußball konzentrieren sollte und nicht auf Fahrradstellplätze und Unisextoiletten. Zum anderen gibt es Personen, die meinen, dass dies vor allem nach den letzten großen Turnieren (Katar 2022 und Russland 2018) eine wichtige Botschaft gegen die aktuellen Entwicklungen im Länderfußball ist. Durch die vorgestellten Ideen soll erzielt werden, dass die angereisten Fans aus ganz Europa mit einem guten Bild von Deutschland abreisen, so wie zuletzt bei der Weltmeisterschaft 2006. Ob diese Europameisterschaft aber erneut ein Sommermärchen wird, ist nur leider noch nicht klar. Zumindest gibt es diesmal Chancen, die Gruppenphase zu überstehen.

Einblick in die Politik: Staatsministerin Sarah Ryglewski im Interview

Auf unserer Schülerzeitungsfahrt nach Berlin hatten drei unserer Redakteur*innen die Gelegenheit, Sarah Ryglewski zu interviewen. Frau Ryglewski ist Abgeordnete der SPD für unseren Wahlkreis Bremen 1. Außerdem ist sie als Staatsministerin für Bund-Länder-Beziehungen und nachhaltige Entwicklung beim Bundeskanzler tätig.

 

Schülerzeitung: Können Sie sich zu Beginn erst einmal vorstellen?

Sarah Ryglewski: Mein Name ist Sarah Ryglewski. Ich bin 41 Jahre alt, in Köln geboren und lebe seit 2002 in Bremen. Ich bin schon seit meiner Jugend politisch engagiert. Damals habe ich mich vor allem in der Kommunalpolitik, aber auch im Kampf gegen Rechts und für mehr Bildungsgerechtigkeit engagiert. So bin ich dann bei den Jusos und somit der SPD gelandet. Dort habe ich mich dann ehrenamtlich engagiert und so Juso-Landesvorsitzende geworden. 2011 wurde ich Mitglied der Bremischen Bürgerschaft, und 2015 bin ich dann als Abgeordnete in den Bundestag eingezogen. Vier Jahre später wurde ich Parlamentarische Staatssekretärin im Finanzministerium, und daraufhin bin ich nach der Bundestagswahl im Jahr 2021 Staatsministerin im Bundeskanzleramt geworden.

Was hat zu Ihrem politischen Interesse geführt?

Ich bin in einem sehr politischen Elternhaus aufgewachsen und habe mich schon immer für Politik interessiert. Mein Vater war auch Mitglied in der SPD, und meine Eltern haben Wert darauf gelegt, dass meine Schwester und ich politische Zusammenhänge verstehen. Deshalb habe ich mir schon früh viele Gedanken zu politischen Themen gemacht. Mein politisches Engagement fing dann in meiner Jugend an. Zuerst habe ich mich im Bereich Umweltschutz politisch eingebracht, aber ich merkte schnell, dass mich Gerechtigkeitsthemen mehr beschäftigen. Ich habe mich deshalb damals zum Beispiel für einen besseren ÖPNV engagiert.

Was sind Ihre politischen Ziele und Schwerpunkte?

Da gibt es viele, zum Beispiel beschäftigen mich Gerechtigkeitsthemen sehr. Aber auch die Möglichkeit der politischen Mitgestaltung von Menschen vor Ort ist mir sehr wichtig und aus diesem Grund die Kommunalpolitik. In diesem Zusammenhang beschäftigt mich die Frage, ob die Kommunen finanziell gut genug ausgestattet sind, da hier die Leute am unmittelbarsten erfahren, ob sie in irgendeiner Weise Dinge in der Bürgerschaft oder im Beirat mitentscheiden können.

Gab es in Ihrer politischen Laufbahn etwas, das Sie besonders stark in Erinnerung haben?

Bisher hat mir alles, was ich gemacht habe, Spaß gemacht, auch weil alles sehr unterschiedlich war. Besonders mein Amt als parlamentarische Staatssekretärin fand ich sehr interessant, weil ich dort sozusagen als Bindeglied fungiert habe. Das bedeutet, ich habe einen Minister, insbesondere in den Ausschüssen, aber auch nach außen hin vertreten. Ich konnte dort vermitteln, was die Abgeordneten wollen, aber auch was die Regierung will. So kann man ziemlich viel gestalten. Gleichzeitig hatte ich, da ich damals weiterhin Parlamentarierin war, die Möglichkeit, viel von dem, was man vor Ort noch erlebt, in den Gesetzgebungsprozess mit einzubringen. Während Corona habe ich zum Beispiel viele Gespräche mit den Verbänden in Bremen geführt. Da haben mich häufig Leute aus dem Ministerium gebeten, bestimmte Themen in Berlin zu besprechen. Man merkt nämlich, wie lange es auf normalem Wege dauern kann, bis Themen dahin vordringen. Aber auch mein jetziges Amt finde ich sehr spannend, da ich jetzt sehr nah mit dem Bundeskanzler zusammenarbeite. Zum anderen finde ich die Regierungskoordination und die Vermittlung zum Parlament, aber auch die Arbeit mit den Bundesländern sehr interessant.

Warum hat Herr Scholz Sie für Ihr jetziges Amt vorgeschlagen? 

Ich kannte ihn schon aus der Zeit, als er Finanzminister war. Damals hat er als Nachfolger von Christine Lambrecht schnell eine Person gebraucht, die schon genügend Erfahrung hatte und die auch mitten in der Legislaturperiode als parlamentarische Staatssekretärin einspringen konnte. Weil ich diese Kriterien erfüllt habe, hatte sich das angeboten. Ich bekam dann einen sehr positiven Eindruck, da wir im Themenbereich Finanzen in bestimmten Punkten unterschiedliche Auffassungen hatten. Darüber haben wir uns sehr offen ausgetauscht. Über die zwei Jahre bis zu seiner Wahl als Bundeskanzler hatten wir eine sehr gute Zusammenarbeit, und dann fragte er mich 2021, ob ich mir vorstellen könnte, die Funktion als Staatsministerin beim Bundeskanzler zu übernehmen.

In welcher Weise steht Ihre Arbeit mit der Arbeit des Bundestags in Verbindung? 

Für das, was ich im Moment mache, muss man Bundestagsabgeordnete sein, weil ich beispielsweise die Bundesregierung im Ältestenrat vertrete. Das ist quasi die Regierung des Parlaments, wo zum Beispiel die Tagesordnung, aber auch Streitigkeiten besprochen werden. Da ist es gut, wenn man die parlamentarischen Abgeordneten kennt, weil man weiß, was die Fraktionen umtreibt. Auch wenn es um Gesetzgebung geht, führe ich mit den Fraktionen viele Gespräche, um zum Beispiel zu schauen, ob es Probleme gibt, die schon frühzeitig gelöst werden können. Für mich als Bremer Bundestagsabgeordnete ist es noch gut, dass ich schon vieles mitbekomme, was über meinen Schreibtisch geht. Auch wenn ich natürlich kein Bundesland bevorzugen darf, kann ich im Austausch dann schon den ein oder anderen Hinweis geben, der gut für Bremen ist.

 

Sie sind unter anderem für Nachhaltige Entwicklung zuständig. Was haben Sie in diesem Amt schon erreicht?

Ich bin dafür zuständig, Themen im Bereich Nachhaltige Entwicklung zwischen den einzelnen Ministerien zu koordinieren. Dieser Themenbereich erstreckt sich nämlich in ganz viele Bereiche, wie Umweltschutz, Wirtschaftspolitik, aber auch Entwicklungszusammenarbeit. Meine Aufgabe ist es, dass wir alles vernünftig miteinander koordiniert bekommen. Im Moment arbeiten wir zum Beispiel an der Entwicklung der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie. Ich bin auch sehr stolz darauf, dass wir es schaffen, neben der ökologischen Dimension und dem Thema Klimaschutz auch die soziale Dimension, wie zum Beispiel Bildungspolitik, nach vorne zu stellen.

Was sind gerade die größten Herausforderungen in Ihrem Aufgabenfeld? 

Im Bereich Nachhaltigkeit ist es gerade die Aufstellung der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie. Wir haben damit schon vor einem halben Jahr angefangen und sind im Moment dabei, das Ganze zu verschriftlichen. Ab April oder Mai können dann übrigens online auch Anregungen zu dem Thema eingebracht werden. Bis wir das alles zusammengebunden haben, wird es aber noch bis Herbst dauern. Da haben wir also noch ordentlich Arbeit vor uns. Tatsächlich ist im Moment aber meiner Meinung nach die größte Herausforderung die Frage der Klimaneutralität von Deutschland. Gerade wenn wir weniger abhängig von fossilen Brennstoffen sein wollen, muss sich in Deutschland noch eine Menge ändern.

Wollen Sie in Zukunft noch für andere Positionen kandidieren?

Ich habe in den letzten zehn Jahren gelernt, dass in der Politik nichts wirklich planbar ist. Ich achte eher darauf, dass ich mein jetziges Amt gut ausführe. Eigentlich hängt es sehr davon ab, ob es in dem Moment gerade passt, für eine bestimmte Position zu kandidieren.

Warum sollten junge Menschen der SPD beitreten oder sie wählen? 

Die Themen, die uns viel beschäftigen, sind jetzt noch sehr aktuell. Uns sind vor allem Themen zur Gerechtigkeit wichtig. Gerechtigkeit ist meiner Meinung nach das wichtigste Thema überhaupt, natürlich nicht nur Gerechtigkeit im Inland, sondern auch global, zum Beispiel in Bezug auf Entwicklungszusammenarbeit. Natürlich sind wir eine Partei, in der auch viele ältere Menschen aktiv sind, aber ich persönlich fand es immer ganz spannend, in meinen Ortsverein zu gehen, wo ich dann mit Leuten zu tun hatte, die 50-60 Jahre älter als ich waren, die mich ernst genommen haben, die ich aber auch ernst nehmen musste. Dieser Respekt war wichtig, um gemeinsam etwas erreichen zu können. Der Austausch zwischen Generationen war für mich etwas Besonderes, da dieser in meinem normalen Alltag eher selten möglich war.

Sie sind im Kampf gegen Rechts engagiert. Was sagen Sie zu den wachsenden AfD-Umfragewerten?

Wie viele andere, besorgt mich dies auch. Letztens veröffentlichte Correctiv die Enthüllungen zu dem Treffen in Potsdam. Auch wenn man sich Bundestagsdebatten anschaut, ist dieses Treffen keine Überraschung. Die AfD ist eigentlich schon immer sehr offen damit umgegangen, dass laut ihrer Auffassung bestimmte Menschen, wie beispielsweise Ausländer, Homosexuelle und Trans-Menschen, nicht zu diesem Land gehören. Es bedrückt mich, dass manche Leute das offensichtlich gut finden. Es ist auch ganz wichtig zu betonen, dass jeder, der die AfD wählt, rechts wählt. Auch wenn sicherlich nicht jeder von diesen Menschen rechts ist, dürfen sie sich nicht vor dieser Tatsache verstecken.

Sie arbeiten hier in Berlin, leben aber in Bremen. Wie oft sind Sie in Berlin? 

Also, wenn Sitzungswoche ist, bin ich eigentlich immer hier in Berlin. Seitdem ich im Kanzleramt bin, bin ich auch, wenn keine Sitzungswoche ist, mehrere Tage in Berlin. Das kann man aber nicht genau sagen. Ich versuche aber immer mindestens einen Werktag die Woche in Bremen zu sein, um Termine im Wahlkreis zu machen, aber natürlich auch, weil mein Mann und ein Teil meiner Familie dort leben.

Welche Stadt mögen Sie lieber, Berlin oder Bremen?

Ich mag beide Städte total gerne. Ich habe eigentlich drei Städte, an denen mein Herz hängt, das sind Bremen, Berlin und Köln. Ich mag die alle unterschiedlich. Köln ist die Stadt, in der ich geboren und aufgewachsen bin, und gerade den Rhein finde ich sehr schön. In Bremen ist es ähnlich. Dort bin ich quasi erwachsen geworden, die meisten meiner Freunde leben in Bremen, und ich finde es immer noch toll, diese Stadt in Berlin vertreten zu dürfen. Berlin ist dann wieder ganz anders. Ich habe das Glück, im Gegensatz zu anderen Abgeordneten, hier nicht nur zum Arbeiten herzukommen. Ich habe nämlich auch hier einige Freunde, und auch ein Teil meiner Familie lebt in dieser Stadt. Ich sehe es als Privileg, gleich drei tolle Städte zu haben, in denen ich mich so ein bisschen zu Hause fühle.

Vielen Dank für das Interview.

 

 

Schüler veranstalten Podiumsdiskussion zur Europawahl

Am 30.05.2024 fand am Gymnasium Horn im Rahmen einer Reihe von Veranstaltungen zur  Vorbereitung auf die Europawahl am 9. Juni eine Podiumsdiskussion statt. Eingeladen waren Annika Barlach (SPD), Eyfer Tunc (CDU), Elias F. Michels (FDP), Alexandra Werwath (Grüne) und Lucas Fiola (Linke). 

Nach einem kurzen Einstieg, der thematisch zunächst die Organe der EU erklärte, startete die  Debatte mit der Rolle der AfD im Wahlkampf. Während sich hier eine große Einigkeit der Parteien  feststellen ließ, bildeten sich bei den Themenblöcken Migration, Rüstung und Wirtschaft starke  Unterschiede heraus. Die AfD stellt in den Augen der Kandidaten eine große Gefahr für Europa  und die deutsche Außenpolitik dar. Doch wie soll die Außenpolitik in Zukunft genauer aussehen?  Themen wie Aufrüstung, Frontex und die Abhängigkeit von Amerika wurden diskutiert. Auch wenn im Nachgang unterschiedliche Resonanzen bezüglich der rhetorischen Stärke der  Kandidaten im Einzelnen eingingen, gilt ein Dank allen Kandidaten, die sich die Zeit für die  Diskussion genommen haben.

Organisiert und durchgeführt wurde die Podiumsdiskussion von Schülern der Q1 (Sophia Beer,  Jannik Kartscher, Duru Akkis und Erik Wolters)

Konsens des Organisationsteams ist dabei die Botschaft: Geht wählen!

 

Besuch im Bunker Valentin

Am 29.05.2024 besuchte die AG “Demokratisch handeln” gemeinsam mit der Schülerzeitung den Bunker Valentin in Bremen-Farge.

Der Bunker ist ein Bauprojekt aus der Zeit des Dritten Reiches, das nur durch die Arbeitskraft von 8.000-10.000 Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen denkbar war. Unser Aufenthalt war im Wesentlichen in zwei inhaltliche Blöcke aufgeteilt. Dem regnerischen Wetter zum Trotz stand zunächst eine Führung durch das Bunkergelände an, durchgeführt von Herrn Marcus Meyer.

Zentraler Bestandteil der Führung war der Umgang mit den Geschehnissen der NS-Zeit, dem politischen Erbe und der daraus erwachsenden Verantwortung für die heutige Gesellschaft. Doch auch inhaltliche Aspekte des Bunkers wurden beleuchtet. So zum Beispiel, dass der Bunker, der ursprünglich als Produktionsstätte für U-Boote geplant war, bereits von Beginn an keine Erfolgsaussichten versprach. Die britische Aufklärung habe den Bunker vom ersten Tag an beobachtet und lediglich aufgrund des Ressourcen bindenden Aspekts toleriert. Kurz vor der Fertigstellung reichte dann ein einziger Luftschlag über etwa 600 Bomben, um den Bunker derart zu beschädigen, dass weitere Arbeiten abgebrochen werden mussten, so Herr Meyer.

Absurd daran sei, dass damit die Qualen des Baus bereits von Beginn an nicht nur menschenverachtend, sondern völlig ohne Erfolgsaussichten gewesen seien. Nach diesen spannenden Eindrücken folgte eine intensive Auseinandersetzung mit der heutigen Gesellschaft und der Relevanz von politischer Bildung.

Zentraler Fehler der politischen und historischen Aufarbeitung der NS-Verbrechen sei dabei laut Herrn Meyer gewesen, dass zu spät erst erkannt worden sei, dass neben den Opfern und Tätern auch die allgemeine Untersuchung der Durchschnittsgesellschaft elementar sei. Es gehe darum zu erkennen, warum sich Menschen dazu entschieden, die Verbrechen der Nationalsozialisten zu akzeptieren und nicht weiter zu hinterfragen.

Spannend erschien darüber hinaus ein Bezug zur aktuell erstarkenden AfD. Nicht zuletzt diese politische Richtung bezeichnete Herr Meyer als höchst besorgniserregend, es müsse alles daran gesetzt werden, zu zeigen, dass selbst heute die rechte Gesellschaftsgruppe nur eine laute Minderheit, nicht aber die Mehrheit darstelle.

Bildung trage einen wichtigen Anteil an der Persönlichkeitsentwicklung bei. Mahnmale an sich reichen jedoch nicht, um kritisch eingestellten Personen die Dramatik des Dritten Reiches vor Augen zu führen, das sei eher eine gesellschaftliche Aufgabe.

Wir denken dennoch, dass politischer Bildung eine große Bedeutung zukommen kann und hoffen, dass in Zukunft weitere Gruppen und Klassen unserer und anderer Schulen Gedenkstätten wie den Bunker Valentin besuchen.

Sämtliche Aktionen der AG zum Thema „Für Demokratie“ werden in Zukunft auf einem Kanal der Mitglieder der AG auf Instagram zur Verfügung gestellt. Bei Interesse an einer Teilnahme bitten wir darum, sich bei Frau Kroh und Frau Dietrich zu melden.

Was führt zu einer Drogensucht? Drogen, oder?

Wenn konfrontiert mit der Frage „Was führt zu einer Heroinsucht?“ antworten viele mit „Naja, Heroin macht heroinabhängig, richtig?“. Und von einem chemischen Standpunkt aus betrachtet stimmt das schon. Es gibt chemische Haken im Heroin, die unser Körper anfangen würde, physisch zu brauchen. Wenn zum Beispiel 20 Leute 20 Tage Heroin konsumieren würden, würden sie am 21. Tag das Heroin brauchen. Sie würden sich körperlich danach sehnen. Aber stimmt das wirklich?

Stellen wir uns ein Szenario vor. Wenn einer von uns hier rausgeht, von einem Bus angefahren wird und sich die Hüfte bricht, wird er ins Krankenhaus gebracht. Es ist sehr wahrscheinlich, dass man ihm eine Menge Diamorphin verabreichen wird. Diamorphin ist Heroin. Es ist auch viel besser als das Heroin, das man auf der Straße bekommt, denn es ist medizinisch rein, richtig? Es ist wirklich starkes Heroin. Es wird ihm über einen längeren Zeitraum verabreicht. Das geschieht in jedem Krankenhaus der entwickelten Welt, nicht wahr? Wenn das, was wir über Sucht denken, richtig ist, dann sollten diese Menschen als Süchtige entlassen werden. Jedoch erwartet man trotzdem nicht, dass seine Großmutter durch ihre Hüftoperation zu einem Junkie geworden ist. Also stimmt hier etwas nicht. Entweder ist meine Oma tatsächlich ein Junkie und sie verheimlicht es, oder Drogen wirken nicht wirklich so, wie wir denken.

Der Irrglaube über die Natur der Drogensucht geht ursprünglich auf eine Reihe von Experimenten zurück, die im frühen 20. Jahrhundert durchgeführt wurden. Diese Experimente sind richtig simpel, so unkompliziert, dass man sie sogar zuhause durchführen könnte. Setze eine Ratte in einen Käfig und gib ihr zwei Wasserflaschen. Eine ist nur Wasser, die andere ist mit Heroin oder Kokain versetzt. Wenn man das macht, wird die Ratte fast immer das mit Drogen versetzte Wasser bevorzugen und sich somit schnell selbst töten, nämlich innerhalb von ein paar Wochen. Das ist es also. Das Rätsel ist gelöst.

Das war so, bis Bruce K. Alexander, ein kanadischer Psychologe, 1978 die Rattenpark-Studie durchführte und damit das Verständnis von Sucht revolutionierte. Bruce sagte: „Nun, wartet mal einen Moment. Wir setzen die Ratte in einen leeren Käfig. Sie hat nichts zu tun. Versuchen wir es doch mal anders.“ Also baute Bruce den Rattenpark. Der Rattenpark ist wie ein Paradies für Ratten, wo sie alles haben, was sie brauchen könnten. Sie haben Bälle und Räder zum Spielen, sie haben leckeres Futter, und vor allem haben sie andere Ratten, mit denen sie sich vergesellschaften und paaren können. Und sie haben wieder die zwei Wasserflaschen. Interessant ist, dass die Ratten im Rattenpark das mit Drogen versetzte Wasser nicht mögen. Sie trinken kaum etwas davon. Selbst wenn sie aus der mit Drogen gefüllten Flasche tranken, taten sie dies nur gelegentlich, nicht zwanghaft, und keine einzige Ratte hatte eine Überdosis.

Zur gleichen Zeit wie der Rattenpark fand etwas anderes sehr Interessantes statt, was ebenfalls die gleiche Sache zeigt. Im Vietnamkrieg haben zwanzig Prozent der amerikanischen Truppen in Vietnam viel Heroin konsumiert. Und wenn man sich die Berichte aus dieser Zeit anschaut, waren sie wirklich besorgt. Sie dachten – weil sie an die alte Theorie der Abhängigkeit glaubten – „Mein Gott, diese Jungs werden alle nach Hause kommen, und wir werden eine Menge Heroinabhängige auf den Straßen der USA haben.“ Und was geschah? Sie kamen nach Hause, und fast alle hörten einfach auf, denn wenn man aus einem höllischen Dschungel herausgeholt wird, in dem man nicht sein will, in dem man jeden Moment sterben kann, und man in ein nettes Leben in Wichita, Kansas, zurückkehrt, kann man es ertragen, in seinem Leben präsent zu sein. Vergiss die Drogengesetze, Alkohol ist doch nicht illegal, oder? Aber wir sehen nicht überall jede Menge Betrunkene. Zumindest nehme ich an, dass wir das nicht tun. Das liegt daran, dass die meisten Menschen etwas zu tun haben, was sie tun wollen. Sie haben Dinge, für die sie in ihrem Leben präsent sein wollen.

Also zeigte Bruce, dass beide alten Theorien über Sucht falsch sind. Die erste Theorie besagt, dass es sich um ein moralisches Versagen handelt, dass man ein Hedonist ist, dass man zu viel feiert. Die andere besagt, dass die Sucht dich übernimmt, dein Gehirn wird übernommen. Bruce sagt, es liegt nicht an der Moral, es liegt nicht an dem Gehirn, es liegt an dem Käfig. Sucht ist größtenteils eine Anpassung an die Umgebung. Der derzeitige Kampf gegen Drogen basiert auf der Vorstellung, dass die Chemikalien die Sucht verursachen und dass wir diese Chemikalien physisch vom Angesicht der Erde entfernen müssen. Aber anscheinend sind es nicht die Chemikalien, sondern die Isolation und der Stress, die die Sucht verursachen. Das wirft plötzlich einen scharfen Kontrast dazu auf, dass wir den Süchtigen noch mehr Isolation und Stress auferlegen, um sie zum Aufhören zu bewegen, was wir derzeit auch tun.

Ein aktuelleres Beispiel hierfür war die Covid-Pandemie. Studien deuten darauf hin, dass nicht nur viele Arten des Drogenkonsums, sondern auch der Alkoholkonsum in den Vereinigten Staaten seit der Ausrufung des nationalen Notstands im März 2020 erheblich zugenommen haben, insbesondere bei Menschen, die an klinischen Angststörungen und Depressionen leiden, sowie bei Menschen, die COVID-19-bedingten Stress erleben. Die Forscher stellten fest, dass die Zahl der positiven Drogentests auf Fentanyl, Kokain, Heroin und Methamphetamin im Vergleich zu den Vorjahren gestiegen ist. Eine Online-Umfrage ergab, dass Erwachsene, die vor der Pandemie monatlich oder seltener als wöchentlich Cannabis konsumierten, während der Pandemie mit größerer Wahrscheinlichkeit einen erhöhten nichtmedizinischen Konsum aufwiesen.

Laut der Umfrage von Monitoring the Future, die den Drogen- und Alkoholkonsum unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen misst, ging dieser Konsum im Jahr 2021 jedoch deutlich zurück. Dies ist der größte Rückgang des Gesamtkonsums illegaler Drogen in einem Jahr seit Beginn der Umfrage im Jahr 1975. Diese Zahlen blieben im Allgemeinen auch im Jahr 2022 konstant.

Dies zeigt, dass Menschen, die in Situationen geraten, in denen sie isoliert sind und niemanden mehr haben, der ihnen bei der Überwindung von Stress und Angst hilft, sich dem falschen Trost und der Euphorie der Drogen zuwenden, um irgendeine Art von Ausweg zu finden. Die hilfreichste Lösung ist jedoch, sie nicht ohne angemessene Hilfe in noch belastendere Situationen zu zwingen, sondern sie einfach aus dieser Situation herauszuholen. Außerdem sollten wir nicht nur Menschen in solchen Situationen helfen, sondern auch verhindern, dass diese Situationen überhaupt entstehen. Im Kampf gegen Drogen ist unsere beste Waffe der Aufbau einer Zukunft, in der die meisten Menschen etwas haben, wofür sie leben wollen.

Quellen: