Engagement, das an Grenzen geht

Stefanie Clasen und Doro Pioner sind seit einigen Jahren Schulelternsprecherinnen am Gymnasium Horn. In diesem Interview erzählen sie uns, was ihr Beweggrund ist, diesen Job zu machen und welches Ziel sie dabei verfolgen.

Habt ihr euch schon in eurer Schulzeit engagiert?

Doro: Ich war in meiner Schulzeit mehrfach Klassensprecherin. Das habe ich relativ lange gemacht. Aber nur für meine Klasse, nicht für die ganze Schule.

Stefanie: Ich war damals nicht als Klassensprecherin tätig. Ich war total introvertiert und habe mich gar nicht getraut, vor der Klasse groß zu reden. Da kam so etwas gar nicht in Frage.

Wie ist es dazu gekommen, dass ihr Schulelternsprecherinnen geworden seid?

Doro: Als mein Kind hierher gekommen ist, war für mich sofort klar, dass ich mich als Klassenelternsprecherin engagieren möchte. Als sie in der Grundschule war, habe ich das nicht gemacht und gemerkt, dass nicht alle Informationen bei uns Eltern in der Klasse angekommen sind. Das fand ich sehr schade, denn dieser Informationsfluss und Austausch ist unglaublich wichtig. Dann habe ich hier angefangen als Klassenelternsprecherin und einfach festgestellt, dass mir gerade hier die Zusammenarbeit mit der Lehrerschaft und dann irgendwann auch mit Frau Preuschoff als Schulleitung wahnsinnig viel Spaß macht und dass durch diesen engen Kontakt und Austausch ganz viel möglich ist. Da es mir unheimlich viel Spaß macht, Dinge zu organisieren und Ideen hineinzubringen, habe ich mich dazu entschieden, Schulelternsprecherin zu werden, damit es hier für alle noch schöner und besser wird.

Stefanie: Als meine Kinder hierher gekommen sind, hatte ich nicht die Idee, Schulelternsprecherin zu werden. Das ist eher aus der Not heraus entstanden. Es gab viele Krisen und Schulelternsprecher sind zurückgetreten. Am Ende stand Siegbert Meß, der zu dem Zeitpunkt schon lange Schulelternsprecher war, alleine da. Er hat mich damals angesprochen, ob ich nicht Lust hätte, das zusammen mit ihm zu machen. Zuerst hatte ich dies aufgrund von Zeitmangel abgelehnt. Letzten Endes bin ich dann doch eingesprungen, um ihn nicht komplett alleine mit der ganzen Arbeit dastehen zu lassen. Es gab nämlich so viele Aufgaben, die zu erledigen waren, dass er das nicht alleine geschafft hätte.

Am Anfang hatte ich dann auch erst einmal ganz viele Fragezeichen im Kopf. Das geht, glaube ich, vielen Eltern so. Sie kommen hierher und wissen gar nicht, was überhaupt los ist. Wir haben daher vor zwei Jahren eingeführt, dass wir die neuen Elternvertreter:innen in ihre Aufgaben einführen, weil wir wissen, wie das ist, wenn man hier neu ankommt. Wie sind die Abkürzungen? Was bedeutet das alles? Was sind überhaupt die Aufgaben eines Elternsprechers/einer Elternsprecherin?

Das Wichtigste für mich ist auf jeden Fall, dass hier für die Schüler:innen ein tolles Klima herrscht und dass die Lehrer:innen auch glücklich sind. Das war zwischendurch nicht im Gleichgewicht. Und wenn die Lehrer:innen nicht glücklich sind, dann lässt auch die Qualität des Unterrichts nach, das Engagement der Lehrer:innen sinkt und es geht unseren Kindern schlechter. Mein Ziel ist es, eine Schule mitzugestalten, in der  auch ich gerne Unterricht haben würde.

Denkt ihr, dass ihr euer Ziel erreicht habt, dass die Schüler hier gerne zur Schule gehen?

Stefanie: Ich glaube schon, ja. Allerdings sind wir natürlich nur am Rande tätig, denn die Hauptaufgabe liegt bei den Lehrer:innen. Aber ich denke, dass den Schüler:innen hier sehr viel geboten wird. Wir bedanken uns dafür auch jedes Jahr bei den Lehrer:innen, um ihnen gegenüber Wertschätzung und Respekt für Ihre tolle Arbeit und ihr außergewöhnlich hohes Engagement zu zeigen.

Wie würdet ihr eure Aufgaben als Schulelternsprecherinnen zusammenfassen?

Stefanie: Also erst einmal versuchen wir für euch Schüler:innen das Beste rauszuholen. Das schaffen wir, indem wir auf alle zugehen, zuhören und dann versuchen, entsprechend zu agieren. Wir versuchen, Arbeitsgruppen ins Leben zu rufen, den Beirat anzusprechen und so weiter.

Doro: Formal ist es ja so, dass wir die Beschlüsse der Elternschaft vertreten. Einerseits gegenüber der Schulleitung, andererseits gegenüber anderen Schulgremien, dem Beirat, der Behörde. Das ist so die formale Seite. Es geht darum, dass wir alle gut miteinander kommunizieren und dass wir auch zielgerichtet und lösungsorientiert arbeiten. Häufig bringt es uns nicht weiter, wenn wir uns nur streiten. Dann kommen wir nicht zu einem Ziel. Und dieses Ziel dürfen wir eben nicht aus den Augen verlieren.

Stefanie: Was ich an unserer Arbeit auch ganz wichtig finde ist, mit den Lehrer:innen zusammenzuarbeiten. Früher war es wohl so – das hatte ich zumindest von Siegbert Meß mitbekommen -, dass hier eine Art Streitkultur herrschte. Die Lehrer:innen und die Elternschaft haben sich überhaupt nicht gut verstanden. Daraus ist auch dieses Eltern-für-Lehrer:innen-Buffet entstanden. Heute berichten viele Lehrer:innen, dass sie merken, dass die Wertschätzung ihrer Arbeit gegenüber wirklich gestiegen ist. Und das ist eben auch ganz wichtig.

Welche Kompetenz ist denn am wichtigsten für die Arbeit als Schulelternsprecher?

Stefanie: Einfühlsamkeit. Es ist super wichtig, dass man gut auf die Leute hört und ihnen sagt, dass wir sie sehen und dass sie uns wichtig sind.

Doro: Und auch, dass wir uns tatsächlich bewusst sind, dass wir, auch wenn wir selber Mütter sind, trotzdem für alle Kinder an dieser Schule da sind. Natürlich haben wir auch eine eigene Meinung zu vielen Dingen, was auch super wichtig und gut ist. Aber als Schulelternsprecherinnen vertreten wir die Meinungen der gesamten Elternschaft.

Eine sehr wichtige Kompetenz ist auch die Organisation, damit wir diese vielfältigen Aufgaben gut hinbekommen. Wir sind ja beide berufstätig und engagieren uns in ganz vielen Gremien und Sitzungen. Wir arbeiten in sehr vielen Bereichen für die Schüler:innen und für die Schule. Das alles zu organisieren, neben der eigenen Familie und den eigenen Kindern ist durchaus eine Herausforderung.

Stefanie: Da fallen natürlich auch Sachen hinten rüber. Ihr müsst euch einen Tisch vorstellen, auf den ganz viele Aufgaben gepackt werden. Irgendwann ist der Tisch so voll, dass Aufgaben an den Seiten herunterfallen. Organisationstalent gehört also schon durchaus zu den wichtigsten Kompetenzen. Was auch ganz wichtig ist, dass wir aushalten müssen, dass Menschen die Arbeit, die wir machen, nicht gut finden. Wir bekommen auch manchmal nicht so schöne E-Mails. Aber dann müssen wir uns auch klar machen, dass das eine Meinung von 2000 oder so ist.

Was muss sich aus eurer Sicht konkret an unserer Schule ändern?

Stefanie: Die Digitalisierung muss vorangetrieben werden!

Doro: Ja, genau. Das fängt an bei der Ausstattung. Das sind die Beamer, iPads, Wlan.

Stefanie: Wir brauchen mehr Lehrer:innen. Die werden wir natürlich nicht bekommen, aber das ist trotzdem wichtig. Und wir brauchen mehr Stunden für die Lehrer:innen. Wir brauchen Sonderpädagogen. Wir brauchen mehr Assistenzen für W+E Kinder. Wir brauchen Politik, die nicht zwei Seiten hat. Sondern solche, die das, was sie mit europäischen Politikern vorleben, sagen und tun, auch umsetzen. Deshalb brauchen wir auch mehr Unterstützung im bilingualen Zweig.

Doro: Genau, und wenn die Lehrer so überlastet sind und so viel zu tun haben, wie viele möchten sich denn dann noch engagieren? So viele Lehrer:innen tun das, müssen das aber in ihrer Freizeit machen! Und das ist ganz toll, aber irgendwann ist auch mal die Grenze erreicht, weil sie ja auch eine eigene Familie und ein eigenes Leben haben.

Stefanie: Ganz richtig, das darf man auch auf keinen Fall vergessen. Die Lehrerschaft vom Gymnasium Horn ist super! Ich weiß, die Schüler:innen sind vielleicht manchmal genervt von einigen Lehrer:innen, aber es ist schon einzigartig, was für tolle Lehrer:innen wir hier eigentlich haben.

Doro: Das hören wir auch oft aus Gremien mit anderen Schulen.

Stefanie: Aus dem Gesamtelternbeirat der Gymnasien bekommen wir das immer mit. Dort muss jeder von seiner Schule berichten, wie die Situation gerade ist. Und da sind wir wirklich ganz vorne dabei. Die Sorgen, die wir haben, werden uns immer als Luxussorgen vorgeworfen. Wir werden da auch immer abgetan.

Für welches Projekt habt ihr euch denn besonders ins Zeug gelegt?

Doro: Naja, ich formuliere es mal so: Es gibt immer wieder Herausforderungen und Projekte, die unser besonderes Engagement fordern, was wir auch gerne geben. Wenn wir das dann gut zum Abschluss bringen, sind wir auch sehr zufrieden. Aktuell ist ein wichtiges Projekt von unserer Seite die Berufsorientierung “Find your way” für die QI. Da sind wir gerade ganz aktiv und wollen für die QI eine ganz tolle Aktion veranstalten, damit sie viel mitnehmen können.

Stefanie: Denn von unseren eigenen Kindern bekommen wir immer mit, dass viele nicht wirklich wissen, was sie nach der Schule machen wollen. Und um ihnen zu helfen, veranstalten wir dieses Event “Find your way”. Da haben wir 19 Vortragende gefunden. Aus diesen Angeboten kann sich jeder vier aussuchen und schauen, ob einem das gefällt oder nicht.

Außerdem engagieren wir uns für die Liberalisierung der Handynutzung. Und für den Color Run, der möglichst bald wieder stattfinden soll. Dazu wünsche ich mir dieses Mal allerdings mehr Unterstützung von den Eltern und Schüler:innen. Die Lehrerschaft war das letzte Mal schon sehr aktiv. Insbesondere die Sportfachschaft war sehr engagiert, worüber ich sehr dankbar war. Die Unterstützung brauchen wir natürlich wieder, denn ohne die sind wir aufgeschmissen.

Wir wollen uns auf jeden Fall dazu am 10.05., um 17 Uhr hybrid treffen , wo wir das dann alles gemeinsam anstoßen und planen können. Wir wollen, so wie beim letzten Mal, wieder tolle Sachen für euch Schüler:innen besorgen. Letztes Mal gab es  ein Klavier, es gab Sitzgelegenheiten, und, und, und.

Neben dem Color Run haben wir uns auch noch bei dem neuen Anbau engagiert. Das ist auch ein riesiges Thema.

Wo wir auch viel unterstützen, ist der W+E Bereich. Wir wollen sicherstellen, dass die drei Schüler:innen, die nächstes Jahr an diese Schule kommen, einen Sonderpädagogen bekommen. Wir brauchen insgesamt noch zwei Sonderpädagogen. Uns verlassen jetzt nämlich zwei Halbtagskräfte und wir brauchen noch einen für diese neue Klasse. Wir machen wirklich  viel, wenn man sich das mal so überlegt …

Was macht euch denn besonders viel Spaß an eurer Arbeit als Schulelternsprecher?

Doro: Wenn wir feststellen, dass unsere Arbeit funktioniert. Heißt, dass wir Ziele erreichen und alle glücklich sind. Wenn wir feststellen, dass unsere Arbeit erfolgreich ist und die unterschiedlichen Menschen wirklich zufrieden und gerne hier an der Schule sind!

Stefanie: Ich freue mich, wenn die Kinder hier gerne zur Schule gehen, denn ich finde, es ist hier alles so schön geworden. Ich engagiere mich ja auch im Schulverein. Da kümmern wir uns auch um die Mensa. Es freut mich, wenn vom Essen her alles stimmt. Es ist toll, dass wir hier so einen hohen Bio-Anteil und eine so schöne und gute Cafeteria haben. Es gibt eigentlich nichts, wo man sich hier nicht wohlfühlen könnte, habe ich oft das Gefühl. Guckt euch an, wie sauber es hier ist! Die tollen Bilder, die hier an den Wänden hängen. Die Vitrinen. Der tolle ShopHorn!

Ich habe drei Kinder und dadurch natürlich ganz viele von deren Freund:innen bei uns zuhause. Dann frage ich oft, ob sie gerne zur Schule gehen. Wenn ich dann höre, dass sie grundsätzlich gerne in der Schule sind, auch wenn es die Pausen sind, die ihnen besonders gut gefallen, dann freue ich mich, weil das heißt, dass sie hier gerne hinkommen und sich hier wohlfühlen, was überaus wichtig ist, da sie in der Schule einen großen Teil ihres Tages verbringen.

Wie viel Zeit investiert ihr in den Job als Schulelternsprecher? 

Stefanie: Ganz ehrlich? Darüber will ich gar nicht nachdenken.

Doro: Es ist wirklich aufwändig und es ist sehr viel Zeit. Das alles unter einen Hut zu bekommen, ist manchmal  wirklich anstrengend.

Stefanie: Die ganze Freizeit, die wir haben, könnten wir in diesen Job investieren, wenn wir wollten. Ich habe manchmal auch das Gefühl, dass meine eigenen Kinder dadurch zu kurz kommen. Die haben sich zum Glück noch nicht beschwert, aber…

Doro: Es ist tatsächlich häufig ein Spagat. Denn diese Arbeit endet nicht am Wochenende, wir wollen auch nicht, dass unsere Familie zu kurz kommt. Auch wir können ja nicht “48 Stunden” am Tag arbeiten.

Stefanie: Aber so viel bräuchten wir eigentlich, denn es gibt wirklich immer viel zu tun. Und wenn dann solche  E-Mails kommen, in denen gefragt wird, warum wir das Protokoll erst so spät verschicken, dann denke ich mir nur, dass der Tag lediglich 24 Stunden hat. Anders schaffe ich das einfach nicht. Was sollen wir machen? Wir können uns nicht dreiteilen.

Eigentlich kann man diese Aufgabe nur übernehmen, wenn man altruistisch veranlagt ist und  einem das alles wichtig ist. Wenn dir wichtig ist, dass alle Kinder zufrieden und glücklich sind und nicht nur deine eigenen, sondern eben alle Kinder.

Unter dieser Prämisse ist dann natürlich der uns gemachte Vorwurf, all das nur deshalb zu tun, weil wir schnell an Informationen kommen möchten und nur etwas für das eigene Kind bewegen wollen, ein wahrer Hohn. Wir machen so viel für andere Kinder, dass unsere eigenen Kinder eigentlich erst zuletzt drankommen. Die laufen so nebenbei mit. Glücklicherweise funktioniert das, aber in so vielen Familien eben nicht und da helfen wir auch immer gerne.

Doro: Ohne die Leidenschaft, die wir mitbringen, könnten wir das nicht schaffen. Natürlich profitieren auch unsere eigenen Kinder davon, wenn es euch allen gut geht. Aber wir machen das bestimmt nicht, damit es nur unseren Kindern gut geht.

Stefanie: Wir machen das Ganze ja auch für die Zukunft. Den Neubau zum Beispiel, den werden unsere eigenen Kinder nicht mehr erleben. Die haben gar nichts mehr davon.

Gab es ein Projekt, das so richtig nach hinten losgegangen ist?

Stefanie: Wir haben ganz viele Nackenschläge ertragen müssen. Aber wir sind immer wieder aufgestanden und haben weitergekämpft. Wir haben so viel Mist erleben müssen. Aber wir haben uns immer wieder aufgerappelt. Kurzzeitig haben wir uns angeguckt und darüber nachgedacht, ob das jetzt wirklich wahr sein kann. Alle meinten, wir würden scheitern, aber das sind wir nicht.

Doro: Dass wir uns selber motivieren weiterzumachen und eben nicht aufzugeben, hat uns schon oft gezeigt, dass sich das wirklich auszahlt.

Stefanie: Man darf die Dinge nicht einfach hinnehmen. Auf keinen Fall! Wenn etwas scheitert, sucht man sich eben einen anderen Weg. Es gibt immer einen. Daher niemals die Hoffnung aufgeben, denn wenn man die Hoffnung aufgibt, hat man schon verloren.

Stefanie, Doro, vielen Dank für das Interview!     

Wenn man Angst vor seinem Teller hat

Triggerwarnung: Essstörung

 

Spricht man von einer Essstörung, so denken die meisten von uns an hilflose Menschen, die entweder mager und untergewichtig sind oder mollig und übergewichtig. Doch eine Essstörung hat kaum etwas mit dem eigenen Gewicht zu tun. Stattdessen haben die Betroffenen eine ungesunde Beziehung zum Essen aufgebaut. Tatsächlich handelt es sich um eine psychische Krankheit, welche in verschiedenen Formen und Stärkegraden vorkommen kann und lebensgefährlich ist. 

Betroffene sprechen von einer inneren Stimme, die sie im Essen einen Feind sehen lässt und Angst auslöst. Oft wird zu spät gemerkt, dass man unter einer Essstörung leidet, dabei hat diese psychische Krankheit die zweithöchste Sterberate weltweit. 10.200 Personen sterben jährlich an den Symptomen, während sich bei 26 Prozent der Erkrankten der mentale Zustand so stark verschlechtert, dass sie ihrem Leben selbst ein Ende setzen. Die am häufigsten auftretenden Arten sind Bulimie, Anorexie und Binge-Eating.

Leidet jemand unter Anorexie bzw. Magersucht, so fürchtet er das Zunehmen, denn seine Figur hat einen enormen Einfluss auf das Selbstwertgefühl. Dementsprechend schränkt er sich beim Essen ein, indem er Kalorien zählt, wenig isst, übermäßig Sport treibt oder in Extremfällen „purgt“. Als Purging wird das Auslösen eines Brechreizes bezeichnet, wobei die betroffene Person sich den Finger in den Hals steckt.

„Das Purging zieht verheerende Gesundheitsschäden mit sich, aufgrund der aufsteigenden Magensäure. Die Zähne werden kariös, der Zahnschmelz wird angegriffen und die Speiseröhre kann verätzt werden“,

Frau Haidar, Biologielehrerin am Gymnasium Horn

Erkrankt man hingegen an Bulimie, so spürt man ein ständiges Verlangen nach Essen. Kommt man dem nach, werden dadurch jedoch Schuldgefühle ausgelöst. Die Kontrolle über das eigene Essverhalten geht verloren. Auch diese Erkrankten sorgen sich wie Magersüchtige sehr um ihr Aussehen, daher greifen sie nach den Mahlzeiten sofort zum Purging. Es wird zu einer Sucht, weshalb diese Krankheit auch als Ess-Brech-Sucht bezeichnet wird.

Binge-Eating hingegen zeichnet sich durch exzessive und unkontrollierte Essattacken aus. Im Gegensatz zur Bulimie versuchen Betroffene jedoch nicht, dem Zunehmen entgegenzuwirken. Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung essen Erkrankte ohne Genuss, da ihre Attacken oft von negativen Gefühlen begleitet werden. „Sie hören erst auf zu Essen, wenn sie sich unangenehm voll fühlen“, schreibt die Bundeszentrale dazu. Diese Krankheit führt oft zu Übergewicht, was Gelenkschäden, Haltungsschäden, ein schwächeres Immunsystem wie auch Organschäden verursachen kann.

Fällt einem in seinem Umfeld jemand auf, der eine gestörte Beziehung zum Essen hat, so sollte man laut Frau Haidar folgendes tun: „Sich nicht scheuen, die Person anzusprechen. Lieber es riskieren und Verantwortung übernehmen, als wegzuschauen.“ Sätze wie „Iss doch mehr!“ oder „Komm wir essen zusammen!“ sollten dabei vermieden werden. „Es ist lieb gemeint, doch es setzt einen nur noch mehr unter Stress“, teilte uns eine anonyme Quelle mit, die selbst mit einer Essstörung zu kämpfen hat. „Was ich mir von den Personen gewünscht hätte, ist eine Umarmung, Trost und dass sie mir signalisieren, dass sie für mich da sind“, betonte sie.

Sobald bei einem Symptome auftreten, sollte man sich Hilfe suchen, ob bei Vertrauenspersonen, Kinderärzten oder Therapeuten. Es existieren auch darauf spezialisierte Kliniken. Aus ihrer Erfahrung berichtete unsere Quelle jedoch, dass diese einen Patienten oft erst dann aufnehmen, wenn man sich in Lebensgefahr befinde. „Es wird nach dem BMI ein Gewicht festgelegt, unter welches man kommen muss. Erreicht man dieses, so muss man es über vier Wochen halten und nicht zunehmen, denn sonst geht der Klinikplatz verloren. Man wird sozusagen weiter in Richtung Essstörung geschubst”, erzählte sie uns.

Die Auslöser von Essstörungen können belastende Erlebnisse wie Mobbing sein. Doch sie variieren von Fall zu Fall. Jeder kann von einer Essstörung betroffen sein. Gerade bei Jugendlichen besteht eine große Gefahr aufgrund der vielen Veränderungen in der Pubertät. Was vor allem fehlt, ist Aufklärung und Sensibilisierung. Das würde den Betroffenen, aber auch den Mitschülern und Eltern am meisten helfen.

 

Quellen

 

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung:

Psych2go:

Persononen:

  • Kristin Haidar, Biologie Lehrerin
  • Anonyme, betroffene Person

Bundesministerium für Gesundheit:

 

Wie sieht es mit den Handys aus?

Mittlerweile sollte jedem klar sein: Die Ziffer zu den Handys in unserer Schulordnung ist veraltet. Es gibt wenige Lehrer, die Handys überhaupt noch einsammeln. Es sind nämlich mit der Zeit zu viele Schülerinnen und Schüler geworden, die regelmäßig ihre Handys unerlaubt nutzen. Sei es nur, um auf Untis zu gucken. Nun ist eine neue Handyverordnung in Planung. Doch, wie kam es genau dazu? Darf man jetzt bald sein Handy einfach benutzen?

 

In der Gesamtkonferenz vom 12.10.2022 stellte Thomas Roth, Lehrer für Darstellendes Spiel, Kunst, Sport und Werken, einen Antrag auf Änderung der Schulordnung. Seiner Meinung nach sollte “Die nicht sichtbare Aufbewahrung und die Stummschaltung” fallengelassen werden. Somit könne jeder Schüler, wann immer er will, in der Pause frei sein Handy benutzen. Der Antrag wurde gestellt, um den Lehrern daran zu erinnern, dass die Schulordnung ernst genommen werden sollte. Herr Roth ist eigentlich nicht für die freie Handynutzung, ist jedoch nicht damit zufrieden, dass die meisten Lehrer die Handys nicht einsammeln. In seinem Antrag formulierte er “Wir stehen auch auf verlorenem Posten, wenn sogar Eltern unsere Hygienebemühungen unterlaufen, indem sie während des Schultages Nachrichten […] senden.” und “ich lege eine Diskussion und Abstimmung dazu dringend nahe, weil wir uns momentan in jedem Fall sehr angreifbar machen: wir verlieren das Katz- und Mausspiel offenen Auges […], machen uns also lächerlich; wir verhindern nicht den Mißbrauch, obwohl dies auf unseren Fahnen steht”.

 

“Das Kollegium läßt diese Verstöße gegen die Schulordnung weitestgehend einfach geschehen. Das macht […] unsere Schulordnung zur bloßen Kann-Bestimmung.“

Thomas Roth in seinem Antrag

 

Arbeitsgruppe wird gegründet

Der Antrag wurde von der Gesamtkonferenz mit sechs Stimmen dafür, 50 dagegen und neun Enthaltungen abgelehnt, wodurch er nicht weiter in die Schulkonferenz kommen konnte, wo endgültig darüber abgestimmt werden würde. Eine Diskussion zu dem Thema fand auf der Schulkonferenz jedoch trotzdem statt. Um mehr Meinungen von Eltern, Lehrern und Schülern zu hören, beauftragte die Schulkonferenz eine Arbeitsgruppe, welche eine Umfrage und aus den Ergebnissen davon möglicherweise einen Antrag an die Gesamt- und Schulkonferenz stellen sollte.

In der ersten Sitzung dieser Arbeitsgruppe, welche, nach einiger Zeit, am 22.02.2023 stattfand, besprachen die Teilnehmenden, wie die Umfrage gestaltet werden sollte. Die Mitglieder der Schülervertretung erstellten zunächst die Umfrage, welche kurze Zeit später für alle Lehrer, Schüler und Eltern etwa eine Woche lang verfügbar war.

Schließlich stellten alle drei Statusgruppen (Eltern, Schüler, Lehrer) ihre Ergebnisse auf der nächsten Sitzung der Arbeitsgruppe vor, welche am 21.03.2023 stattfand. Diese Sitzung wurde leider nicht sehr zahlreich besucht, es waren insgesamt sechs Personen anwesend. Hierbei wurde der Antrag an die Gesamtkonferenz formuliert, welcher für die Schulkonferenz noch weiter ausgeführt werden sollte. Wenn dieser durchgesetzt würde, dürfte jeder Schüler ab der achten Klasse in jeder unterrichtsfreien Zeit und an jedem Ort auf dem Schulgelände sein Handy, auch für private Zwecke, nutzen. Natürlich dürften weiterhin keine Fotos und Videoaufnahmen gemacht werden. Auch alle anderen gesetzlichen Maßnahmen gelten. Außerdem würden klare Absprachen getroffen werden. Das betrifft beispielsweise einen Handyführerschein, welcher im Fach Digitale Medien vernommen werden könnte. Auch die Erstellung eines Leitbilds für den Umgang mit mobilen Endgeräten und noch vieles mehr stand im Antrag als Vorschlag. Am gleichen Tag wurde der Antrag an die Vorsitzenden der Gesamtkonferenz, Stephan Leupold und Christina Westphal-Akhzarati verschickt, welche diesen aufgrund einiger Fehler und der anscheinend bereits verstrichenen Frist nicht annehmen konnten. Am gleichen Tag noch fand ein Telefongespräch statt, in dem Stefanie Clasen (Schulelternsprecherin), Levin Meyer (Schülervertreter) und Tatjana Preuschoff (Schulleitung) den Antrag formal anpassten und, so schien es ihnen, noch fristgerecht verschickten.

Der Antrag muss warten

Der Antrag als solcher konnte nicht auf die Tagesordnung aufgenommen werden. Dafür war die Frist, laut der Geschäftsordnung der Gesamtkonferenz, bereits verstrichen. Es konnte jedoch ein weiterer Tagesordnungspunkt ergänzt werden, worin über die Handy-Thematik diskutiert wurde. Auf der Gesamtkonferenz, welche am 12.04.2023 stattfand, war sich die Lehrerschaft größtenteils einig: die Handyordnung ist zwar veraltet, doch so, wie der Antrag im Moment im Raum steht, wollen sie dem nicht zustimmen. Es braucht mehr Zeit für Diskussionen zwischen allen Statusgruppen.

Der Antrag wird also nicht an die Schulkonferenz gestellt, anstatt dessen wird unter dem Tagesordnungspunkt “Aussprache und weitere Planung einer möglichen Änderung der Anlage 1 der Schulordnung” darüber diskutiert, wie es weitergehen soll.

Wie geht es weiter?

Abschließend kann man sagen, dass sich bald wahrscheinlich etwas ändern wird. Doch, das braucht noch ein wenig Zeit. Eine neue Handyverordnung ist nichts, was man in zwei Wochen mal kurz erschaffen kann. Die Schülerschaft muss mindestens bis zur nächsten Schulkonferenz warten, bis sich vielleicht etwas ändern wird. In diesem Schuljahr wird das also wahrscheinlich nichts.

 

Update vom 29.04.

Die Schulkonferenz, welche am Mittwoch, den 26.04.2023 tagte beschloss, dass eine weitere Sitzung der Arbeitsgruppe einberufen wird. Dabei wird weiter über das Thema diskutiert und besprochen, wie das Thema in Zukunft angegangen wird. Das Treffen wird öffentlich stattfinden am 31.05.2023. Zeit und Ort wird rechtzeitig auf itslearning im Kurs „Schülerschaft Gymnasium Horn“ verschickt. Auch ein Link zu einer Videokonferenz wird jeder Schüler erhalten.

 

Eine Wahl, viele Köpfe

Seit Wochen hängen Wahlplakate an Straßenlaternen und Wänden und die Bürgerschaftswahlen am 14. Mai rücken näher. Während die Parteien fleißig Wahlkampf betreiben, stellt sich uns Schülern und Schülerinnen die Frage, welche Partei wir unterstützen wollen.

 

Wer bis dahin 16 Jahre alt ist, kann sogar selbst Kreuze auf Wahlzettel setzen. Jeder sollte mitfiebern, denn Entscheidungen, die im Senat getroffen werden, betreffen uns alle. Jedoch sind Wahlprogramme oft lang, das der Grünen umfasst sogar 249 Seiten, und wenn sie nicht lang sind, dann sind sie zumindest kompliziert geschrieben. Im schlimmsten Fall sind sie beides und, um die erste Seite des Wahlprogramms der SPD zu zitieren: „Nicht jeder und jede hat die Zeit 150 Seiten […] zu lesen.“ Die Ziele lassen sich viel kürzer vorstellen.

Die SPD tritt mit dem amtierenden Bürgermeister Andreas Bovenschulte (57) unter dem Motto „Stark für Bremen“ an. Er ist seit vier Jahren im Amt und führte Bremen durch Krisenzeiten wie die Corona-Pandemie. Was die wenigsten über ihn wissen ist, dass er vor seiner politischen Karriere Bandleader werden wollte und heute noch begeistert Gitarre spielt. Mit ihm als Spitzenkandidaten möchte die Partei die Innenstadt attraktiv erscheinen lassen, unter anderem durch die Eröffnung eines Stadtmusikanten-Literaturhauses. Außerdem streben sie danach, Bremen bis 2038 klimaneutral werden zu lassen. Ein Ziel, das sie mit mehreren Parteien teilen. Auch die Häfen sollen für 500 Millionen Euro ausgebaut werden. Warum man sie wählen sollte, teilten sie unserer Schülerzeitung trotz Anfrage nicht mit. Die SPD kann sich eine erneute Koalition mit den Linken und den Grünen vorstellen.

Laut Umfrage gleichauf mit der SPD liegt die CDU mit ihrem Tandem, das sich aus Frank Imhoff (55) und Wiebke Winter (27) zusammensetzt. Herr Imhoff ist Bürgerschaftspräsident, während Frau Winter als Landesvorsitzende die Junge Union führt, die CDU-Gemeinschaft für junge Menschen.

„Das Wahlprogramm der CDU Bremen ist modern, vernetzt und neu. Wir setzen einen klaren Fokus auf Bildung, denn die Bildungspolitik in Bremen muss endlich besser werden.“

Wiebke Winter zur Schülerzeitung

Dementsprechend wollen sie Ziffernoten ab der 3. Klasse einführen und sogenannten „Glücksunterricht“, bei welchem es sich um eine Lebenskunde handelt, die den Umgang mit Emotionen und Ängsten lehren soll. Auch unsere Schule kommt in ihrem Wahlprogramm vor, die CDU will zum Beispiel das AbiBac am Leben halten. Davon abgesehen sind beide Spitzenkandidaten bekannt, sich für das Klima einzusetzen: Herr Imhoff ist ausgebildeter Landschaftspfleger, während Frau Winter eine Mitgründerin der Klimaunion ist, eine Organisation, die sich für den Klimaschutz engagiert. Klimatechnisch möchte die CDU eine Wasserstoffinfrastruktur etablieren. Den Bürgermeister würde Frank Imhoff stellen. Seine Tandempartnerin würde dabei an seiner Seite die Ideen der Generation Z vertreten.

Die Grünen sind bei ihrer Spitzenkandidatin Maike Schäfer (51) geblieben, Bremens amtierende Umweltsenatorin, welche die Umgestaltung des Innenstadtverkehrs in den letzten vier Jahren mitverantwortet. Das Motto ihres Wahlprogramms lautet: „Zukunft möglich machen“, wobei ihr Schwerpunktthema unsere Gesellschaft ist und überraschenderweise nicht der Umweltschutz. „Unser Fokus liegt bei den Bedürfnissen des Menschen und der Gesellschaft“, erklärte uns ein Parteimitglied. Dementsprechend wollen sie in Bremen neue Wohnräume schaffen sowie ein Landesamt für Migration eröffnen. Klimatechnisch setzen auch die Grünen auf die Etablierung einer Wasserstoffinfrastruktur und den Ausbau des Hafens. Maike Schäfer ist außerdem für ihren Feminismus bekannt.

Den jüngsten Bürgermeisterkandidaten stellt bei der kommenden Wahl die FDP mit Thore Schäck (38). Bei diesem Spitzenkandidaten handelt es sich um einen Start-Up-Unternehmer, der vorher SPD-Mitglied war. Ein Funfact über ihn ist, dass er eine Zeit lang der Personalleiter des Modeunternehmens „About you“ war. Mit ihm und dem Leitsatz „So machen wir Bremen wieder zum Aufsteiger“ will die FDP die Bremer Wirtschaft stärken und die Häfen durch Digitalisierung modernisieren. Zudem wollen sie für die weitere Nutzung des Passagierflughafens und für den Autoverkehr einstehen. Besonders wichtig ist Ihnen ein klimafreundliches Bremen bis 2038 ohne die Schuldenbremse zu lockern. Wie auch alle anderen Parteien setzt die FDP auf die Etablierung einer Wasserstoffinfrastruktur. Die Partei gab unserer Schülerzeitung keinen Kommentar ab.

 

Die Linken werden bei den Wahlen von Kristina Vogt (57) angeführt. Sie ist die amtierende Wirtschaftssenatorin. Beim Gespräch mit unserer Schülerzeitung äußerte sie:

„Wir haben in den letzten Jahren viel erreicht und denken, dass wir gut geeignet sind, um erneut zu regieren.“

Sie bezieht sich dabei auf Beschlüsse wie die Einführung der Bremer Freikarte für Jugendliche. Unter dem Motto „Das schaffen wir mit links!“ will die aus der DDR hervorgegangene Partei die Armutsschere in unserer Gesellschaft verkleinern. Wie die Grünen setzen sie bei ihrem Wahlprogramm auf menschliche Bedürfnisse. Daher wollen sie eine Höchstgrenze für Mieten einführen, damit das Wohnen in Bremen vereinfacht wird. Außerdem möchten sich die Linken für ein Null-Euro-Ticket für Bus und Bahn stark machen und dementsprechend die Schuldenbremse in unserem Bundesland abschaffen.

Als letzte in den Bürgerschaften vertretene Partei treten die Bürger in Wut mit Pied Leitreiter (58) an, der bis 2015 AFD-Mitglied war. Dieser Politiker verlor 2019 sein Bürgerschaftsmandat und sitzt seitdem im Beirat Horn-Lehe. Mit ihm an der Spitze setzen sie bei der diesjährigen Wahl den Fokus auf die Sicherheits- und Verkehrspolitik. Während des Wahlkampfes sollen sie mit der konservativen Partei aus Hessen „Bündnis Deutschland“ fusionieren, die sich zwischen der CDU und der AfD einordnet. Die Kernforderung ihres Wahlprogramms ist die schnelle Abschiebung von kriminellen Ausländern und ein Verbot der Wiedereinreise auf Lebenszeit.

Die AfD ist nicht zur Wahl der Bremischen Bürgerschaft zugelassen. Das hat der Landeswahlausschuss entschieden, da ihre aufgestellten Listen aufgrund eines internen Streits ungültig waren.

Das war unser Überblick über alle Parteien, die derzeit in der Bürgerschaft vertreten sind. Außerdem treten noch zehn kleinere Parteien an.

 

Hier geht es zu den Wahlprogrammen der hier vorgestellten Parteien:

SPD: https://spd-land-bremen.de/x/SPD-Zukunftsprogramm-2023/html5.html#/1

CDU: https://www.cdu-bremen.de/sites/default/files/2023-03/REGIERUNGSPROGRAMM%20CDU%20BREMEN%202023.pdf

Bündnis 90/Die Grünen: https://gruene-bremen.de/wp-content/uploads/sites/64/2023/03/2023_Zukunft_moeglich_machen_gruenes-Wahlprogramm.pdf

AfD (tritt nicht an): https://www.afd-bremen.de/programmatik/wahlprogramm-2023

Die Linken: https://www.dielinke-bremen.de/fileadmin/2022/Landesverband/2023/Wahlen_2023/230217_LNK_Langfassung_Wahlprogramm__1_.pdf

FDP: https://www.fdp-bremen.de/wp-content/uploads/2023/03/FDP-Bremen-Wahlprogramm-2023.pdf

Bürger in Wut: http://biw-bremen.de/programm

„Es geht uns darum, dass junge Menschen ein gewisses Grundverständnis für das Thema bekommen“

Seit kurzem gibt es eine neue AG an unserer Schule. Die Queerdenker-AG setzt sich dafür ein, dass es weniger Feindlichkeit gegen Menschen aus der LGBTQAI+ Community gibt. Dazu erzählen und Lilli, Silvio und Mieke, wie es zu der AG kam und was sie für konkrete Ziele haben.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, die Queerdenker AG zu gründen?

Das ist tatsächlich ganz lustig. Wir haben uns auf dem Weg zu Rewe unterhalten, weil uns davor ein paar Kinder diverse Beleidigungen hinterher geschrien haben. Dadurch sind wir auf die Idee gekommen, dass man ja eigentlich mal was dagegen unternehmen könnte, da vor allem schon die kleineren Kinder eine Abneigung gegen solche Themen entwickeln. Und dann meinten wir, dass es echt schade ist, dass unsere Schule sowas noch gar nicht hat. Daraufhin haben wir uns immer weiter reingesteigert und meinten, lass uns doch einfach mal so was gründen. Uns ist auch selber schon öfter aufgefallen, dass es zum einen allgemein wenig Aufklärung darüber in der Schule gibt und dass dann erst so ab der 9. Klasse überhaupt über das Thema wirklich gesprochen wird und dann halt nur im Bio-Buch ein kleiner Absatz ist, wenn es um das Thema HIV geht. Das ist ja schon ziemlich schade, weil eben auch einige Schüler/innen in unserer Schule selber queer sind und das Verständnis dafür auch viel früher da sein kann.

Was ist euer Ziel? Was wollt ihr damit erreichen?

Wir wollen vor allem dafür sorgen, dass die jüngeren Jahrgänge ein gewisses Grundverständnis bekommen. Bei den älteren Jahrgängen kann man da wahrscheinlich einfach weniger erreichen. Dafür ist es halt ein bisschen zu spät, noch diejenigen zu erreichen, die diese homophobe Meinung noch durchsetzen.

Unser Plakat wurde zum Beispiel am zweiten Tag, an dem es hing heruntergerissen und auch zerrissen. Dadurch sieht man ja auch, bei einigen bringt das jetzt auch nichts mehr die Meinung irgendwie ändern zu wollen. Unser Ziel ist es, dass die Schüler ein Verständnis dafür entwickeln und es auch zu normalisieren.

Zum anderen wollen wir auch eine Anlaufstelle bilden, wo man über alles Mögliche reden und sich austauschen kann. Das Angebot gilt auch nicht nur für queere Menschen, sondern für alle, solange sich sich respektvoll gegenüber anderen verhalten.

Habt ihr schon Ideen, wie man eure Ziele umsetzen kann? 

Wir wollen jetzt als erstes kleinere Infoplakate an verschiedenen Stellen in der Schule aufhängen. Außerdem wollen wir noch mit einigen Lehrern darüber sprechen, wie das Thema LGBTQIA+ besser in den Unterricht integriert werden kann. Speziell im Biologieunterricht im Zusammenhang mit Sexualkunde, wo man über die Möglichkeiten, die es da so gibt, sprechen kann. Wir gucken auch, wo die meisten queeren Schüler Probleme sehen.

Wie lange hat es gedauert, bis aus der Idee eine AG geworden ist?

Das ging tatsächlich alles richtig schnell. Wir haben direkt angefangen zu planen, nachdem wir die grobe Idee hatten. Wir haben ein Grundprinzip aufgestellt und das bei der Oberstufenleitung vorgestellt. Danach wurde ein persönliches Treffen ausgemacht, wo wir dann über unsere Ziele gesprochen haben und dann wurde das alles genehmigt. Uns wurde dann noch ein Ansprechpartner zugeteilt und wir haben einen Raum bekommen. Es ging alles ziemlich schnell und die Schule war auch sehr offen dafür.

Wann trefft ihr euch?

Wir treffen uns Dienstags in der neunten Stunde und Freitags in der sechsten Stunde. Freitags machen wir eher offene Treffen und Dienstags ist organisatorischer, also da gestalten wir die Infoplakate.

Ihr hattet auch am Tag der offenen Tür einen Stand. Wie waren denn die Reaktionen von Schülern und Eltern?

Dazu muss man sagen, dass einige Eltern nicht den Unterschied von der “queer”- und der “quer”-Schreibweise bemerkt haben, weswegen wir ein paar seltsame Blicke zugeworfen bekommen haben. Sie dachten wahrscheinlich, wir wären Corona-Leugner.

Es sind tatsächlich viele Kinder zögerlich zu uns gekommen, ein paar haben sich getraut, offen zu sprechen. Also es gab schon Interesse. Es sind auch überraschend viele Lehrer zu uns gekommen und haben Fragen gestellt.

Vielen Dank für das Interview.

 

 

Jugend Debattiert Regionalwettbewerb

Am 23.02.2023 fand am Alten Gymnasium der Regionalwettbewerb von Jugend Debattiert statt. Dabei wurden einige Debatten zu verschiedensten Themen geführt.

Bereits seit 21 Jahren gibt es den Wettbewerb “Jugend Debattiert”, welcher an verschiedensten Schulen in ganz Deutschland jährlich durchgeführt wird. Er ist dafür gedacht, die Demokratie für junge Menschen zu stärken. Unter dem Motto “Demokratie sucht Mitstreiter:innen” werden seit den 21 Jahren Debatten mit einer Länge von 24 Minuten geführt. Dabei werden die Positionen, mit denen man debattiert, ausgelost. Man vertritt in einer solchen Debatte also nicht unbedingt seine eigene Meinung.

Beginnen tut eine Debatte mit einer zwei Minuten langen Rede von jeder Person. Die Pro I Position stellt dabei die Maßnahme vor. Um das am Beispiel der Finaldebatte  (“Sollen Privathaushalte zum Katastrophenschutz verpflichtet werden?”) festzumachen begann die Debatte mit Till Grupe vom Gymnasium Horn, der seine Rede mit einem Situationsbeschreibung beginnt. Es geht um das letzte Jahr, die Katastrophe im Ahrtal und verschiedene Stürme, die für hunderte Todesfälle sorgten. Solche Naturkatastrophen werden in Zukunft immer häufiger vorkommen. Vor solchen Katastrophen sollte man sich schützen. Die Maßnahme selbst lautet dann, dass jeder Mensch neben einer verpflichtenden Gesundheitsversicherung auch eine Gebäudeversicherung abschließen muss. Außerdem muss in jedem Haushalt eine Wasserpumpe gelagert sein. Damit im Fall einer solchen Katastrophen auch alles sicher ablaufen kann ist es wichtig, dass mindestens eine Person aus dem Haushalt einen Kurs besucht hat, in dem derjenige lernt, was im Fall einer wahren Katastrophe zu tun ist (und wie man beispielsweise die Wasserpumpe anwendet).

Weiter geht es mit der Rede von der Contra I Position. Havva Erol vom Alten Gymnasium, welche diese Position in der Debatte vertritt, kritisiert die Maßnahme. Sie stellt Fragen zur Maßnahme und sagt, wieso sie dagegen ist, dass auch private Haushalte zum Katastrophenschutz verpflichtet werden sollen. Sie argumentiert, dass diese Maßnahme eher Panik schüren würde unter der Bevölkerung. Außerdem sagt sie, dass man, obwohl Till bereits gesagt hat, dass man damit nicht die Privathaushalte belastet, sondern nur dem Staat ein wenig hilft, die ganze Last auf die Haushalte schiebt. Sie fragt sich außerdem, ob die Wasserpumpe und der Kurs privat finanziert werden, was ihrer Meinung nach nicht vertretbar ist, weil viele Menschen sowieso schon Probleme damit haben, überhaupt Essen zu besorgen, bedingt durch die Inflation. Auch stellt sie die Frage, wie man es kontrollieren möchte, dass jeder die Maßnahme einhält. Und was wäre die Strafe, wenn man keine Maßnahmen getroffen hat?

Jana Horn, welche die Pro II Position vertritt, macht weiter mit ihrer Rede. Dabei antwortet sie auf die Fragen von Havva und verstärkt die Argumente von Till. Mit dieser Maßnahme würde man keine Panik schüren, sondern nur die Bevölkerung auf den Notfall vorbereiten. Wenn man dies, so wie sie es auch wollen, langsam angeht, sollte das kein Problem darstellen und die Menschen eher beruhigen. Die Kontrolle führt das Ordnungsamt durch, und zwar stichprobenartig. Auch könnte man beispielsweise Schornsteinfeger zur Hilfe einschalten, diese müssen ja sowieso mindestens einmal im Jahr in jedes Haus.

Auf diese Rede antwortet Julia Elbert vom Hermann-Böse-Gymnasium, die für Contra II spricht. Sie habe früher bei Suppenengel gearbeitet. Suppenengel hilft Bedürftigen Menschen. Da gehen jetzt immer mehr Menschen hin, die Schlangen werden immer länger. Diese Menschen leben sowieso schon mit Krisen und Ängsten. Man sollte sie nicht noch mehr belasten und sie in Angst leben lassen. Sie geht erneut darauf eingegangen, dass man die Last bei den Bürgerinnen und Bürgern ablegt.

Nun geht es zum nächsten Teil der Debatte. Die Freie Aussprache ist ein Austausch zwischen den Debattanten. Bei jedem Redebeitrag wird auf das Gesagte der jeweils anderen Seite eingegangen und im Normalfall ein weiteres Argument genannt. Insgesamt dauert sie zwölf Minuten.

Till beginnt hierbei und geht auf Julia ein. Man wolle den Bürgern nur helfen und sie damit nicht belasten. Denn im Katastrophenfall wäre es möglicherweise fatal. Darauf geht Havva ein und bringt ein weiteres Argument. In der Freien Aussprache dieser Debatte kam beispielsweise der Punkt auf, dass es ja auch Empfehlungen gibt, immer gewisse Lebensmittel im Haus zu haben, ein Erste Hilfe Set und noch vieles mehr und wieso sie sich nur auf die Wasserpumpe beziehen. Laut der Pro Seite wäre das beim Schutz vor klimabedingten Naturkatastrophen am wichtigsten. Ein anderer Aspekt sei, so die Contra Seite, das Geld, was die Haushalte dafür ausgeben müssen. Viele Menschen könnten solche Maßnahmen nicht finanzieren. Das wird von der Pro Seite in Relation gesetzt mit dem Geld, was durch den Schaden von Personen und Häusern ausgegeben wurde. Die Maßnahme wird erneut kritisiert, eine Person pro Haushalt bei einem solchen Kurs sei zu wenig. Dies sei nur ein Anfang, es könnten zu späteren Zeitpunkten auch noch mehr Menschen ausgebildet werden, antwortet die Pro Seite. Auch, so die Contra Seite, bräuchten nicht alle deutschen Städte eine Wasserpumpe, es besteht nicht bei allen die Möglichkeit auf eine solche Flutkatastrophe. Die Pro Seite hält dagegen, auch das Ahrtal liegt nicht am Meer und wurde trotzdem überflutet. Durch Starkregen könne so etwas jeden treffen.

Nun kommt es zum letzten Abschnitt einer Debatte. Jede Debattantin und jeder Debattant fasst die Debatte in einer einminütigen Schlussrede zusammen. Es werden jeweils die wichtigsten Argumente der beiden Seiten genannt. Am Ende der Debatte sprechen sich alle für, beziehungsweise gegen die Maßnahme aus und unterstreichen damit nochmal, dass sie der Meinung sind, dass ihre Seite richtig liegt.

Wenn die Debatte vorbei ist, zieht sich die Jury für einige Minuten zurück und bespricht, wer wie gut debattiert hat. Dabei kann jede Debattantin und jeder Debattant in den Kategorien Sachkenntnis, Gesprächsfähigkeit, Ausdrucksvermögen und Überzeugungskraft jeweils vier Punkte bekommen. Wenn die Jury sich besprochen hat, wird verkündet, wer welchen Platz erreicht hat. Außerdem kriegt jeder ein relativ detailliertes Feedback von einem Jurymitglied.

Den vierten Platz hat in dieser Debatte Julia Elbert erreicht. Für den dritten Platz wurde Havva Erol ausgezeichnet. Zweitbester Debattant ist Till Grupe geworden. Und gewonnen hat diese Debatte Jana Horn. Die ersten beiden Plätze kommen weiter in die Landesqualifikationsrunde. An diesem Debattentag geht es darum, welche vier Kandidaten aus Bremen ins Landesfinale kommen. Um sich darauf vorzubereiten, gibt es ein dreitägiges Seminar. Dabei werden sie ausgebildet von Debattiert Profis wie zum Beispiel ehemalige Sieger von Jugend Debattiert. Nach dem Landesfinale geht der Wettbewerb weiter in Berlin, wo alle Landessieger und Landessiegerinnen probieren, sich für das Bundesfinale zu qualifizieren. Die vier Sieger der Bundesqualifikation nehmen am Bundesfinale teil.

 

 

„Lützerath ist das falsche Symbol“

Lützerath soll als letztes Dorf in Nordrhein-Westfalen für den Braunkohleabbau abgerissen werden. Doch dieser Beschluss ist für viele Klimaaktivist/-innen unvereinbar.

 

Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck beschließt gemeinsam mit der ebenfalls grünen NRW-Energieministerin Mona Neubaur und dem großen Energiekonzern RWE mit Sitz in Essen, dass zwei eigentlich schon abgeschaltete Kohlekraftwerke bis 2030 weiterlaufen dürfen. Außerdem soll die Kohle unter dem Dorf Lützerath in Nordrhein-Westfalen abgebaggert werden, doch dafür darf RWE ihre Kohlekraftwerke nur noch bis 2030 statt bis 2038 laufen lassen. Dadurch werden die fünf  nordrhein-westfälischen Dörfer Keyenberg, Kuckum, Oberwestrich, Unterwestrich und Berverath vor dem geplanten Kohleabbau des RWE-Tagebaus Garzweiler und Garzweiler II gerettet.

 

“Und richtig war, leider, die Gasmangellage […] abzuwehren […] durch zusätzliche Verstromung von Braunkohle[…]“

Robert Habeck

 

Aktivismus

Dementgegen sprechen viele Klimaaktivistinnen und -aktivisten, die mittlerweile schon monatelang in selbstgebauten Unterkünften, auf dem zur Verfügung gestellten Gebiet eines Bauern, wohnen und Aktivismus betreiben. Sie meinen, dieser Beschluss sei nicht mit dem bereits im Koalitionsvertrag der Ampel vereinbarten 1,5-Grad-Ziel konform. Selbst die schwedische Umweltaktivistin Greta Thunberg wurde mit circa 60 anderen Demonstrierenden von der Polizei von der gefährlichen, steilen Abbruchkante des Tagebaus weggetragen, identifiziert und am Abend wieder freigelassen.

 

“Yesterday I was part of a group that peacefully protested the expansion of a coal mine in Germany. We were kettled by police and then detained but were let go later that evening. Climate protection is not a crime.”

Greta Thunberg auf Twitter

 

Laut eigenen Aussagen möchte der Konzern bis 2030 50 Milliarden Euro in eigene Erneuerbare Energien investieren und 2040 sogar klimaneutral sein. Das 1,5-Grad-Ziel sei mit dem Emissionshandelsystem ETS, das die CO₂-Emissionen von unter anderem Kohlekraftwerken gleich verteilen soll, einhaltbar. Laut RWE konnten die knapp 100 Einwohner/-innen bis April 2017 erfolgreich in einen 8 Kilometer entfernten, “mit ihnen ausgewählten und geplanten Standort” Neu-Immerath zwangsumgesiedelt werden. Außerdem verwendet RWE auf ihrer Webseite ausschließlich den harmloseren Begriff “Rückbau” statt beispielsweise “Abriss” und wiederholt, dass “alle erforderlichen Genehmigungen und Erlaubnisse” vorlägen. Der Konzern bezeichnet das Dorf auch schon als “ehemalige Siedlung Lützerath”.

Sollte man den Schulbeginn auf 9 Uhr verschieben?

Immer öfter hört man davon, dass es besser wäre, die Schule um 9 Uhr regulär beginnen zu lassen. Doch ist das überhaupt eine gute Idee? Und was müsste passieren, damit das möglich wäre?

Für die meisten Jugendlichen sind acht bis zehn Stunden Schlaf gesund. Allerdings schaffen die meisten gerade so sechs bis sieben Stunden.

Forscher/innen der Universität Marburg fanden heraus, dass die 8.800 Jugendlichen, die sie untersucht hatten, zu wenig schliefen. Ein Grund dafür ist der frühe Beginn in den Schulen.

Eine amerikanische Studie zeigte zudem, dass Jugendliche in der Pubertät später ins Bett gehen. Daher können viele erst nach 23:00 Uhr schlafen und wachen morgens mit Schlafmangel auf. Eltern können ihre Kinder jetzt früh ins Bett schicken. Allerdings können Jugendliche nicht wirklich früher einschlafen. Es widerspricht ihrem natürlichen, inneren Rhythmus. Das bedeutet nicht, dass Schule um 10 Uhr anfangen muss. Schlafforscher/innen sind sich jedoch einig: Jede Minute Schlaf zählt.

Eine Studie mit 2.700 Jugendlichen zeigte, dass schon 15 Minuten mehr Schlaf zu mehr Aufmerksamkeit während des Unterrichts führen. Die bisherige Studienlage weist jedoch deutlich darauf hin, dass der für 8:00 Uhr angesetzte Unterricht dem aktuellen Kenntnisstand widerspricht. Besser wäre ein Beginn um 8:30 Uhr oder 9 Uhr. Man unterscheidet in zwei populäre Chronotypen, nämlich die Frühaufsteher/innen („Lerchen“) und Spätaufsteher/innen („Eulen“). Letztere sind vor allem nachmittags und abends leistungsfähig und werden erst tief in der Nacht zum Einschlafen müde. Das bedeutet, dass viele Teenager morgens ziemlich lang schlafen dürfen müssten.

Am Gymnasium Alsdorf in der Nähe von Aachen dürfen Oberstufenschüler/innen selbst entscheiden, ob sie um 8:00 Uhr oder erst um 9:00 Uhr zur zweiten Stunde kommen. Die Gleitzeit funktioniert, weil das Gymnasium nach der Dalton-Pädagogik arbeitet. Mit zwei Selbstlern-Stunden pro Tag arbeiten die Schüler/innen individuell an vorgegebenen Inhalten. Ein Lehrer ist da und hilft wenn notwendig. Die erste Stunde ist eine solche Selbstlernzeit. Wer sie ausfallen lässt und weiter schläft, muss in den nächsten Tagen nacharbeiten – meistens in Freistunden, die es im Kurssystem der Oberstufe oft gibt. Mit dem nachzuholenden Stoff stopfen die Jugendlichen ohnehin bestehende Lücken in ihrem Stundenplan. Die Gleitzeit wird seit ihrer Einführung immer wieder wissenschaftlich untersucht. Die Studien zeigen zwar keine messbar besseren Noten, aber die Zufriedenheit der Schüler ist stark angestiegen. Wer möchte, darf  jeden Tag schon um 8 Uhr kommen. So wird die Gleitzeit den Lerchen genauso gerecht wie den Eulen.

Das ist aus meiner Sicht das ideale Modell.

Schlafmediziner Alfred Wiater

 

Meinungen

Frau Lührs (Vertrauenslehrerin):

Wenn Schule um 9 Uhr anfängt, muss man natürlich wissen, dass sie dementsprechend länger dauert, also dass diese Stunde am Nachmittag stattfindet. Wenn man das bedenkt, dann wird es nunmal schwierig. Vor allem an unserer Schule, weil wir schon so lange Unterrichtstage haben. Das würde meines Erachtens nur gehen, wenn wir offiziell eine Ganztagsschule wären, mit den Ressourcen. Das bedeutet, wir haben nicht nur Lehrer, sondern auch Schulpsychologen und Sozialpädagogen. Es müsste Rückzugsmöglichkeiten geben, also auch Räume wie den Oberstufenraum, in denen gelernt werden kann, aber vielleicht auch Ruheräume, wo Schülerinnen und Schüler Musik hören können und das müsste alles sehr sehr gut geplant sein. Ich kann das verstehen, dass ein späterer Beginn gerade bezüglich des Biorhythmus von Teenagern sinnvoll erscheint, weil sie einfach in der ersten Stunde noch total müde sind, gar nicht so konzentriert oder aufnahmebereit sind, aber ich glaube, dass die Umsetzung genau an den oben genannten Punkten scheitern würde. Man müsste die Stundenpläne einfach entzerren, aber das Problem ist eben, dass Bremen sich für das G8-System entschieden hat. Die meisten Eltern müssen um 8 Uhr arbeiten. Das bedeutet, man muss mit Ressourcen arbeiten. Man müsste eine Betreuung von 8 bis 9 auf jeden Fall anbieten. In der Zeit könnte man auch Frühstück anbieten. Also gerade für die Jüngeren. Aber das kostet Geld und das wird die Behörde nicht ausgeben.

 

Frau Grünbauer (Biologie)

Das Feld, wie intensiv man schläft, wann und wie der Tag-Nacht-Rhythmus abläuft, ist das Gebiet der Chronobiologie. Da wird erforscht, wie der Rhythmus hormonell bedingt ist und wie er von außen vorgegeben wird, durch die äußeren Bedingungen. Neurobiologisch ist es so, dass im Schlaf die wichtigen Lernprozesse verarbeitet werden und die Informationen erstmal im Gehirn ankommen. Deswegen ist Schlaf gerade in der Phase der Schulzeit sehr wichtig. Und die Melatonin-Ausschüttung, also das Hormon, durch das wir müde werden, ist bei Jugendlichen um 2-3 Stunden nach hinten verschoben. Das heißt, vor Mitternacht werden Jugendliche meistens nicht müde. Dazu kommen Gewohnheiten, wie nochmal auf das Handy zu gucken. Dort ist der Blaulicht-Anteil der Geräte auch nicht förderlich um müde zu werden. Was auch noch dazu kommt ist der Inhalt, den man guckt. Das sich ja Sachen, die einen interessieren. Es sind also mehrere Dinge, die dazu führen, dass Jugendliche erst sehr spät ins Bett finden.

Dadurch, dass die Schlafenszeit verkürzt wird, können die Lernprozesse im Gehirn nicht so intensiv verarbeitet werden. Neurobiologisch ist es schon besser, wenn man später startet.  Das ist aber auch abhängig von den Chronotypen. Wenn man jetzt Eule ist und jeden Tag um 8 Uhr Schulbeginn ist, kann es zu Schlafmangel kommen, aber unser Körper ist auch dazu fähig Schlaf, zum Beispiel an Wochenenden, nachzuholen. Im Endeffekt ist es aus neurobiologischer Sicht besser, später zu beginnen, aber aus pragmatischer Sicht wird das nicht umsetzbar sein.

 

 

 

Quellen:

https://www.uni-trier.de/fileadmin/fb1/prof/PSY/HBF/mindmag86-tgb.pdf

https://www.kreiszeitung.de/lokales/rotenburg/rotenburg-ort120515/schulbeginn-erst-um-uhr-91748953.html

https://www.quarks.de/gesellschaft/bildung/darum-sollte-die-schule-spaeter-beginnen/

https://www.openpetition.de/petition/argumente/schule-ab-9-uhr#petition-main

https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Landesschuelerrat-will-spaeteren-Schulbeginn-um-9-Uhr,schulbeginn218.html

https://www.focus.de/familie/schule/schule-um-9-ist-frueh-genug-schluss-mit-der-quaelerei-schuetzt-die-kinder-vor-dem-8-uhr-diktat_id_11054673.html

 

WM der Schande – Katar 2022

Seit der WM Vergabe in 2010 kommt von allen Seiten Kritik an der WM in Katar. Regelmäßig werden Rechercheergebnisse veröffentlicht, die jedes mal wieder schockierende Sachen offen legen. Eine Analyse der WM 2022

Dezember 2010 in Zürich. Die FIFA trifft sich, um endgültig über die WM-Vergabe in 2018 und 2022 abzustimmen. Dann kommt es zur Bekanntmachung: Joseph S. Blatter, der damalige Präsident der FIFA,  holt einen Zettel aus einem Umschlag und verkündet: “[…] the winner, to organize the 2022 FIFA World Cup is… Qatar.” Der Saal bricht in Jubel aus. Doch  schnell wird klar: die WM ist gekauft.

Schon bald beginnt der Bau der Stadien. Und damit wird auch die Kritik an der WM in Katar immer lauter. Schlechte Arbeitsbedingungen, die Menschenrechtslage in Katar und die Temperaturen, unter denen gespielt werden wird, waren nur ein paar Kritikpunkte an der WM in Katar. Doch für die FIFA ist klar: die WM  2022 wird in Katar stattfinden.

Seit einigen Wochen ist es soweit: täglich finden Spiele statt und einige Menschen sind schon richtig in Fußballstimmung. Doch anders als bei den letzten WMs sind es deutlich weniger Menschen. Auf die Frage, wie groß die Vorfreude auf die WM 2022 sei, antworteten 71% der Befragten aus Deutschland, dass sie gar keine Vorfreude verspürten. Die Gründe dafür seien vor allem die Korruption bei der WM-Vergabe und die Menschenrechtslage in Katar.

 

FanQ. (10. Mai, 2022). Wie groß ist deine Vorfreude auf die WM 2022 in Katar? [Graph]. In Statista. Zugriff am 15. Dezember 2022, von https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1317181/umfrage/vorfreude-auf-die-wm-2022-in-katar/

Katar hat, anders als viele andere Länder auf der Welt, einen Emir als Staatsoberhaupt. Der Emir ist eigentlich wie ein König. Er kann also alles entscheiden, was in dem Land passiert. Im Moment ist Tamim bin Hamad Al Thani Emir von Katar. Schon seit 1850 ist die Familie Al Thani in Katar an der Macht – und steht auch immer wieder in der Kritik wegen Korruption, mittelalterlichen Strafen und vielem mehr.

Katar ist ein kleines Land, vor allem, wenn man es mit seinen Nachbarländern vergleicht. Doch Katar ist ein reiches Land. Sehr reich sogar. Dies kommt vorrangig durch die geographische Lage des Landes. Katar verfügt  über riesige Vorräte an Öl und Gas. Doch Reichtum alleine nützt ja nichts. Katar will bekannter werden, das Land solle jedem ein Begriff sein. Also probiert die Regierung, verschiedenste große Sportevents in ihr Land zu holen[mfn]1[/mfn]. So zum Beispiel das seit 1993 jährlich stattfindende Tennisturnier “Qatar ExxonMobil Open”. Darauf folgte die Jugend-WM der FIFA, die Motorrad-WM etc. Doch das Land will komplett an die Spitze. Sie wollen die FIFA Weltmeisterschaft austragen. Nur gibt es dabei ein großes Problem: Aufgrund der geographischen Lage ist es im Sommer sehr heiß. An manchen Tagen kann es bis zu 50°C heiß werden.

 

Wenn man sich als Land  wie Katar für eine WM im Sommer bewirbt, wird die Bewerbung eigentlich aussortiert. Das passiert jedes mal bei etlichen Bewerbungen. Es gab sogar Berichte der FIFA, dass Katar nicht zum Abstimmungsverfahren hätte zugelassen werden dürfen. Diese verschwinden irgendwann und niemand kann sie auffinden. Doch wieso wird Katar nicht aussortiert? Wieso wird ihre Bewerbung zugelassen, obwohl es von den Temperaturen nicht passt, obwohl die Fußballstadien noch gebaut werden müssen, obwohl Katar keine Fußballtradition besitzt?

Das Auswahlverfahren der FIFA läuft so ab: 24 Wahlmänner stimmen darüber ab, wer eine WM austragen darf. Um dabei zu gewinnen, braucht man eine absolute Mehrheit von mindestens zwölf Stimmen. Wenn in einem Wahlgang kein Land mehr als zwölf Stimmen bekommt, scheidet das Land mit den wenigsten Stimmen aus und es geht mit dem nächsten Wahlgang weiter. Am Ende trägt das Land mit den meisten Stimmen die WM aus. So auch bei Katar. Doch wie kann es sein, dass so viele Wahlmänner für Katar stimmen und nicht für die USA, die auch angetreten sind?

WM in Katar gekauft?

Von zwei FIFA Funktionären gibt es Videos, in denen sie darüber sprechen, wie man ihre Stimme kaufen könnte. Drei weitere sollen auch 1,5 Million Euro für ihre Stimme bekommen haben. Von dem FIFA Funktionär Michel Platini, der bekanntgegeben hatte, für die USA stimmen zu wollen, weiß man, dass er sich zehn Tage vor den WM-Vergaben zu einem Mittagessen im Elysee-Palast mit dem damaligen Präsident von Frankreich und dem heutigen Emir von Katar traf. Platini änderte seine Meinung und stimmte für Katar. Kurz darauf bekam sein Sohn Laurent Platini einen sehr guten Job als Europamanager bei einem katarischen Staatsfond.

Behandlung der Gastarbeiter

Die WM 2022 wird nun also an Katar vergeben. Nicht allzu lange danach beginnt der Bau der Stadien. Und klar wird auch: mit rechten Dingen geht es dort auf keinen Fall zu. Menschenrechtsorganisationen warnen schon früh vor den unmenschlichen Bedingungen. Dokumentation und Reportagen zeigen die Zustände auf den Baustellen und in den Unterkünften. Manche Arbeiter müssen sich mit 15 Leuten ein Zimmer teilen. Sie schlafen auf dünnen Matratzen, kriegen nicht mehr als Wasser und Brot, und das über Tage, Monate, Jahre hinweg. Sie werden manchmal über Monate nicht bezahlt. Und wenn sie überhaupt bezahlt werden, beträgt der Stundenlohn etwa 2€. Als die Coronapandemie ausbricht, stellten diese Unterkünfte noch ein extra Problem dar. Sehr viele Gastarbeiter stecken sich schnell mit Corona an, viele können nicht arbeiten.

 

“Man kann den Umgang mit den Gastarbeitern in Katar als Apartheit beschreiben. Eine systematische Rassendiskreminierung. Covid hat letztendlich verdeutlicht, wie ausgegrenzt diese Arbeiter sind.”

Nicolas McGeehan, Autor beim Guardian

 

 

Die Gastarbeiter fühlen sich wie in einem Gefängnis. Ohne die Erlaubnis ihres Arbeitgebers können sie ihren Arbeitsplatz nicht verlassen. Auch Rückreisen in ihr Heimatland sind nicht möglich. Durch das sogenannte “Kafala-System” können die Arbeitgeber den Arbeitern die Pässe wegnehmen. Sie haben die volle Kontrolle über die Situation der Arbeiter. 2014 kündigte die FIFA an, das Kafala-System abzuschaffen. Doch nichts passierte.

Aber es bleibt natürlich nicht nur bei schlechten Arbeitsbedingungen. Viele Arbeiter sterben. Dafür gibt es viele Gründe. Arbeiter sterben, weil sie stundenlang ohne Pause in der heißen Sonne standen. Oder Arbeiter, die vom Stadion Fallen, weil sie nicht gut genug gesichert waren. Menschen, die ausgepeitscht werden oder welche, die an Überlastung sterben. Meistens wird den Angehörigen nicht einmal Bescheid gesagt, dass ihr Mann, Vater, Sohn… gestorben ist.

 

“Der Tot meines Ehemanns hat mir und meiner Tochter unendliches Leid zugefügt. Die WM-Verantwortlichen leben doch in ihrer eigenen Welt. Wir sind ihnen doch egal. In Katar kann sich niemand in mich hineinversetzen. Kein Verantwortlicher hat mich über den Tod von (meinem Mann) informiert”

Renuka Chaudhary

 

Eine genaue Zahl der Toten ist nicht bekannt. Der Guardian berichtete im Februar 2021 von Recherchen, die offenbarten, dass 6.500 Arbeiter bei dem Bau der Stadien starben. Die Welt bricht in Empörung aus. Amnesty International berichtet von um die 15.000 Menschen, die starben. Eine genaue Zahl steht nicht fest. Doch eins sollte klar sein: Es sind mehr Arbeiter gestorben, als die FIFA behauptet. Die FIFA gibt offiziell bekannt, dass drei Arbeiter beim Bau der Stadien für die WM gestorben seien.

Frauenrechte in Katar

Doch wenn man all die Aspekte mal weglässt und sich das Land als solches anguckt, fällt einem auch noch etwas anderes  auf. Frauen und Männer sind in Katar nicht gleichberechtigt. Wenn Frauen sich scheiden lassen wollen, müssen sie sich vorher beispielsweise von einem Gericht bestätigen lassen. Die Frau muss genau beschreiben, was der Grund für diese Entscheidung ist. Männer können sich einfach so scheiden lassen, wie in anderen Ländern auch. Sie brauchen dafür nicht das Einverständnis eines Gerichtes.

Doch die Ungleichberechtigung beginnt nicht erst bei der Scheidung. Auch für die Hochzeit braucht es die Zustimmung eines männlichen Vormundes der Frau.

Wenn eine Frau vergewaltigt wird und sie es zur Anzeige bringt, kann sie wegen “Sex außerhalb der Ehe” verurteilt werden. Das passierte beispielsweise einer Touristin. Zur Diskussion standen für die 27-jährige sieben Jahre Haft und 100 Peitschenhiebe. Das Urteil wurde, vermutlich wegen der Medienaufmerksamkeit, später wieder zurückgezogen.

Auch homosexuelle Menschen werden in Katar diskriminiert und verfolgt. In Katar ist es nämlich verboten, als homosexuelle Person zu existieren. Es kann mit Peitschenhieben bestraft werden.

 

“Ja, schwul sein ist haram. Aber, wieso ist es haram? Es ist ein geistiger Schaden.”

WM Botschafter Khalid Salman

Journalisten geben sich bei insgesamt 69 Hotels als schwules Paar aus und fragen, ob sie dort ein paar Wochen übernachten können. Drei Hotels sagen offenkundig ab. 20 der angefragten Hotels sagen, dass das Paar dort nur übernachten können, wenn sie es verbergen, dass sie schwul sind, 33 Hotels haben keine Probleme damit und 13 antworteten nicht oder stehen zu dem Zeitpunkt nur als Quarantäne-Hotels zur Verfügung. Auch  werden die Journalisten darauf hingewiesen, dass in der Vergangenheit die Polizei bereits Gäste aus dem Hotel geholt habe.

Auch die Kosten der WM sind eine Ausnahme dieses Mal. Wo die Kosten von 1994 bis 2018 jeweils auf zwischen 0,5 und 15 Milliarden US-Dollar beliefen, kostete die WM in Katar 220 Milliarden US-Dollar, also achtmal so viel wie alle WMs von 1994 bis 2018. Das liegt natürlich daran, dass in Brasilien, Russland, Japan, Frankreich, Deutschland etc. überall schon viele Hotels, Stadien, Flughäfen und weitere wichtige Bestandteile eines solchen Events vorhanden waren. Diese mussten in Katar größtenteils noch gebaut werden.

 

Front Office Sports. (10. April, 2022). Kosten für die Austragung von Fußball-Weltmeisterschaften von 1994 bis 2022 (in Milliarden US-Dollar) [Graph]. In Statista. Zugriff am 15. Dezember 2022, von https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1332930/umfrage/kosten-fuer-die-austragung-von-fussball-weltmeisterschaften/

All diese Punkte zeigen, dass das eine unglaublich schlechte Idee ist, die WM in Katar auszutragen. Und an all diesen Problemen sind natürlich verschiedene Parteien beteiligt. Das geht über Katar und die FIFA bis hin zu jedem Land, das daran teilnimmt und jedem einzelnen Menschen, der die WM guckt und das Land und die FIFA somit grundlegend unterstützt.

 

 

 

Die FreiKarte

Die Bremer Landesregierung schenkt allen Kindern und Jugendlichen für dieses und nächstes Jahr jeweils 60 €. Das Geld kann für viele Freizeit-Aktivitäten ausgegeben werden. Damit soll den Versäumnissen durch Corona entgegengewirkt werden.

 

Besonders Junge Menschen litten unter Corona

Ich erinnere mich noch gut an die Zeit des Lockdowns. Die Sportvereine waren geschlossen und andere Freizeiteinrichtungen fielen ebenfalls weg. Durch die Kontaktbeschränkungen waren selbst Besuche der engsten Familie kurzzeitig unter Strafe gestellt. Die Menschen durften ihr Grundstück kaum mehr verlassen. Als ich dennoch mit Freunden draußen Basketball spielte, musste ich die Erfahrung machen, von der Polizei nach Hause geschickt zu werden. Besonders den Kindern und Jugendlichen wurde so der soziale Kontakt und der Spaß genommen. Das alles weckte bei vielen diffuse Ängste.

Des weiteren zeigt zum Beispiel die COPSY-Studie des UKE, dass sich die Lebensqualität vieler Kinder und Jugendlicher im Lockdown signifikant verschlechterte. Die Maßnahmen hatten einen negativen Effekt auf die mentale Gesundheit. Nicht wenige litten unter Stress, Schlafproblemen oder sogar Einsamkeit, hervorgerufen durch den fehlenden Kontakt zur Außenwelt und zu Freunden. Auch das Homeschooling stellte sich für viele als Problem dar, durch die Schulschließungen mangelte es an Struktur. Während der Pandemie erhöhte sich so der Anteil psychisch belasteter Kinder auf das Doppelte.

 

Bremen führt die FreiKarte ein

Nun will die Regierung Bremens die Versäumnisse infolge der Corona-Beschränkungen ausgleichen, indem sie den Kindern und Jugendlichen etwas zurückgibt. Ihnen soll der Schritt in eine Normalität erleichtert werden. So ist seit Beginn der Herbstferien die FreiKarte einsetzbar. Mit ihr lassen sich Eintritte für Freizeiteinrichtungen bezahlen, benötigte Ausrüstung, wie zum Beispiel Schlittschuhe, ausleihen und mancherorts sogar Essen und Getränke kaufen. Hierzu ist die FreiKarte für dieses Jahr mit einem Guthaben von 60 Euro ausgestattet. Im nächsten Jahr wird sie erneut mit dem gleichen Betrag aufgeladen. Das kommt rund 120.000 unter 18-Jährigen in Bremen und Bremerhaven zugute.

Auch diejenigen, die nach Bremen ziehen und sich regulär ummelden, bekommen die FreiKarte zeitverzögert zugestellt. Jene, die die Karte noch nicht erhalten haben, können diese nachträglich über das Kontaktformular auf der Website freikarte.bremen.de beantragen.

Bevor die Guthabenkarte einsetzbar ist, muss sie auf der Website aktiviert werden. Hierfür wird die Kartennummer und der Aktivierungscode benötigt. Das verbleibende Guthaben lässt sich auf gleichem Wege abfragen.

Informationen darüber, wo man die FreiKarte benutzen kann, befinden sich ebenfalls auf der Website. Aktuell nehmen 57 Akzeptanzstellen die Karte an, es können mit der Zeit allerdings neue hinzukommen. Die genaue Lage der Orte kann man auf einer Karte herausfinden, bei der man nach Alter, Art der Aktivität und Barrierefreiheit filtern kann. Beispiele für kooperierende Einrichtungen sind Lasertag-Arenen, die Bremer Bäder oder die botanika. Auch Attraktionen auf dem Freimarkt nahmen teil.

Wie kam es zu der FreiKarte?

Die Idee für eine solche FreiKarte gab es bereits länger. Schon im Dezember wurde sie in Bremer Senatssitzungen eingebracht. Damals war sie noch unter dem Namen “FamilienCard” bekannt. Im März 2022 sprach sich die Bürgerschaft dann für ein solches Projekt aus. Es wurde ein Etat von 12,2 Millionen Euro für dieses und nächstes Jahr bewilligt. Verschickt wurden die FreiKarten dann Ende September, sodass sie rechtzeitig zu Herbstferien- und Freimarktbeginn bei allen Kindern und Jugendlichen angekommen sind.

In Bremerhaven gab es Komplikationen mit dem Erstellen der Adressen, weshalb alle Karten gesperrt und neue verschickt werden mussten. Dadurch kamen sie verspätet bei den Empfängern an. Evelin Wöstenkühler, die Projektleiterin der FreiKarte, bittet deshalb ausdrücklich um Entschuldigung.

 

Sinnvoll oder bloß Geldverschwendung?

An sich ist die FreiKarte natürlich keine schlechte Idee, sicherlich kommt sie den Kindern und Jugendlichen zu Gute. Dennoch stellt sich uns die Frage, wie viel Sinn es ergibt, allen Minderjährigen aus Bremen Geld zu schenken. Das umfasst nämlich nicht nur diejenigen, die das Geld benötigen, sondern auch wohlhabende Menschen, die sich einen Besuch im Kino ohne Probleme leisten können.

In Stuttgart gibt es bereits seit 2001 ein ähnliches Modell, die FamilienCard. Diese kann für alle Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren beantragt werden, ist jedoch an weitere Bedingungen gekoppelt. Zum Beispiel dürfen die Jahreseinkünfte der Familie eine Grenze von 70.000 Euro nicht übersteigen. Familien mit vier bzw. mehr Kindern können unabhängig davon einen Antrag stellen. Hier profitieren somit nur Familien, die finanziell nicht allzu starkt aufgestellt sind. Ist die FamilienCard aus Stuttgart also eine bessere Alternative zur FreiKarte? Nicht unbedingt. Sie ist ein Angebot, dass gleiche Chancen für alle Kinder und Jugendlichen schaffen soll und keine Entschädigung für die Corona-Zeit. Man muss also bei der FreiKarte berücksichtigen, dass auch die Wohlhabenderen unter der Pandemie gelitten haben. Deswegen wäre es ungerecht, sie nicht zu entschädigen.

„Kinder und Jugendliche haben unter der Corona-Krise besonders gelitten, das gilt bis heute. Mit der Familiencard wollen wir ein deutliches Signal für alle Familien in unserem Land setzen, dass wir sie mit den Auswirkungen nicht alleine lassen, sondern uns konkret um sie kümmern.“

Birgitt Pfeiffer, Anfang des Jahres

Fragen an die Projektleitung

Evelin Wöstenkühler ist die Projektleiterin für die FreiKarte. Auf unsere Nachfrage, wieso jedes Kind und jeder Jugendliche die FreiKarte bekommt, antwortete sie: “Das gewählte Verfahren hat drei Vorteile: Es ist schnell umsetzbar, es hat geringe Verwaltungskosten und es ist diskriminierungsfrei. Eine Einkommensprüfung der Eltern wäre extrem aufwändig gewesen, hätte viel Zeit gekostet und auch viel Geld für die Verwaltung – Geld, das wir viel lieber für die Kinder ausgeben. Zudem wollten wir eine diskriminierungsfreie Freikarte. Das heißt: Niemand soll sehen, dass die Familie wenig Geld hat, nur weil der Sohn oder die Tochter im Kino mit der Freikarte zahlt.”

 

“Kinder und Jugendliche haben während der Pandemie sehr vieles verpasst. Auch in der Schule. Aber eben auch sehr viel außerhalb der Schule. Im Übrigen hat der Senat auch sehr, sehr viel Geld in Schulen gesteckt. Beispielsweise haben alle Schülerinnen und Schülern ein iPad erhalten. Bremen ist damit Vorreiter in Deutschland. Das hat noch kein anderes Bundesland gemacht.”

Evelin Wöstenkühler, Projektleiterin